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Blog.Telekom

Andreas Middel

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Montage mit USA und Europa-Flaggen

In Europa wird wieder öffentlich über die Telekommunikations- und Internetwirtschaft diskutiert – na endlich, möchte man anfügen. Nein, es geht nicht (nur) um Netzneutralität, nicht (nur) um Datensicherheit und Konsequenzen aus den Veröffentlichungen von Edward Snowden. Und es geht auch nicht um die günstigsten Telefon-Tarife im In- und Ausland, um Roaming, nicht um die preiswertesten Vorwahlen für Telefongespräche. Es geht diesmal um den Kern dieser Industrie, in der Europa einmal führend war. Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Branche. Die Unternehmensberatung McKinsey hat in einer Studie untersucht, welchen potenziellen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt Bereiche wie Cloud-Technologie, Big Data, mobiles Internet, Cyber-Security oder auch das Internet der Dinge leisten kann. Auf mehrere hundert Milliarden wird der Beitrag taxiert.

Allerdings weist die Studie in fast allen diesen Bereichen auf einen wichtigen Mangel hin: Wegen rechtlicher Beschränkungen, unzureichender oder gar falscher Regulierung droht die Gefahr, dass dieses Potenzial nicht genutzt wird. So sieht McKinsey etwa die Gefahr, dass wegen mangelnder Rechtssicherheit und unzureichender Regulierung Innovationen im Wachstumsmarkt Mobiles Internet gebremst werden. Ähnlich die Analysen für Zukunftsfelder wie Cloud-Technologie oder Big Data. Deutlich wird dies am Beispiel des Themas Cyber Security: In Deutschland herrscht nicht nur seit den immer neuen Enthüllungen von Edward Snowden eine hohe Sensibilität für dieses Thema. Allerdings bemängelt McKinsey, dass es insgesamt  an schneller Produktentwicklung oder Kapitalbereitstellung fehle.

Das falsche Weichenstellung bei den politischen Rahmenbedingungen und speziell bei der Regulierung über Jahre negative Auswirkungen auf Zukunftsbranchen haben kann, ist in den Medien immer wieder größer dargestellt worden. So widmen Magazine wie die Wirtschaftswoche oder der Spiegel der Zustandsbeschreibung der europäischen ITK-Branche große Geschichten. Der Tenor hört sich durchweg ähnlich an: Europa droht in einer Schlüsselindustrie abgehängt zu werden.

Europa aber braucht die Digitalisierung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das hat sich die Politik auf die Fahnen geschrieben. Und ein wesentlicher Bestandteil dieser Digitalisierung ist der Breitbandausbau. Die Unternehmen, nicht nur die Deutsche Telekom, fordern in diesem Zusammenhang schon seit längerem  Rahmenbedingungen, die die dafür notwendigen milliardenschweren Investitionen fördern statt zu verhindern. Inzwischen findet diese Argumentation auch in der Politik Gehör.

In einem bemerkenswerten Vortrag hat Bundeskanzlerin Angela Merkel im vergangenen Herbst das Umdenken der Politik umrissen. „Wir müssen auch Rahmenbedingungen schaffen – und das im Übrigen auch auf europäischer Ebene –, die das Investieren in den Telekommunikationsmarkt erleichtern. Wenn man sich einmal Asien, Europa und Amerika anschaut, dann weiß man, dass sich in den letzten Jahren die Datenübermittlungsmengen etwa verzehnfacht haben, aber die Umsätze der europäischen Kommunikationsunternehmen um zehn Prozent gesunken sind. Die Umsätze der amerikanischen Unternehmen und der asiatischen Unternehmen hingegen sind um etwa 30 bis 40 Prozent gewachsen. Das zeigt: Die gesamte Regulierung in Europa ist zu sehr auf Zersplitterung und auf niedrige Endkundentarife und viel zu wenig auf Investitionen ausgerichtet. Ich glaube, hierbei muss vor allen Dingen auf europäischer Ebene angesetzt werden; bei einigen Fragen können wir auch in Deutschland etwas tun. Wir werden kein moderner Wirtschaftskontinent sein können, wenn wir unsere Telekommunikationsfragen nicht etwas besser ordnen“.

Zu einer solchen etwas besseren Ordnung dürfte auch gehören, nicht jetzt schon mögliche Innovationen im Netz zu blockieren, wie dies gelegentlich unter dem Stichwort Netzneutralität versucht wird. Der bisherige europäische Politikansatz hat sich jedenfalls als nicht nachhaltig erwiesen. Wünschenswert ist eine neue Industriepolitik, die die deutsche und europäische Branche unterstützt und fördert.

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