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"Wir haben hier eine breite Toolbox"

Die Telekom und Nokia haben in einem Laborversuch gezeigt, wie mit der neuen Ultra-Breitbandzugangstechnik XG-FAST Datendurchsatzgeschwindigkeiten von über zehn Gigabit pro Sekunde (Gbps) auf Kupferkabel erzielt werden können.

Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik Telekom Deutschland GmbH

Telekom Technikchef Bruno Jacobfeuerborn erläutert im Gespräch die Möglichkeiten der neuen Ultra-Breitbandzugangstechnik. Bruno Jacobfeuerborn, Geschäftsführer Technik Telekom Deutschland GmbH.

Ein zweistündiger HD-Film könnte dann in weniger als zehn Sekunden heruntergeladen werden und das Hochladen von tausend Fotos würde nicht einmal zwei Sekunden dauern. Die Tests wurden in der Kabelversuchsanlage der Telekom in Darmstadt Ende 2015 durchgeführt.

Highspeed wie bei Glasfaser

XG-FAST nutzt den letzten Abschnitt des vorhandenen Kupfernetzes, um dann Geschwindigkeiten zu erzielen, die der Übertragung auf Glasfaser ähnlich sind. Telekom Technikchef Bruno Jacobfeuerborn erläutert im Gespräch die Möglichkeiten der neuen Ultra-Breitbandzugangstechnik.

Vectoring, SuperVectoring, G.fast, XG-FAST. Es schwirren eine Menge Begriffe durch den Raum, können Sie das bitte einordnen?

Bruno Jacobfeuerborn: Für Vectoring und SuperVectoring müssen die Multifunktionsgehäuse, die großen grauen Kästen am Straßenrand, mit Glasfaser angeschlossen werden. Vectoring und SuperVectoring sind die Techniken, die dafür sorgen, dass die Daten auf der letzten Meile, die aus Kupferkabel besteht, nicht an Geschwindigkeit verlieren.

Für G.fast oder XG-FAST muss das Glasfaserkabel dann noch weiter, also über das Multifunktionsgehäuse hinaus, an den Kunden herangeführt werden.  Hier bedarf es dann eines Glasfaserkabels bis kurz vor oder in das Gebäude der Kunden. Wir sprechen dann vom so genannten FTTB: Fibre to the Building.

Wie funktioniert XG-FAST?

Bruno Jacobfeuerborn: XG-FAST nutzt wie auch G.fast, den letzten Abschnitt des vorhandenen Kupfernetzes, um dann Geschwindigkeiten zu erzielen, die der Übertragung auf Glasfaser ähnlich sind. Bei dem XG-FAST-Testlauf in unserer Kabelversuchsanlage in Darmstadt wurde in der Spitze eine Downloadgeschwindigkeit von mehr als 11 Gbit/s auf zwei 50 Meter langen, gebündelten Paaren eines hochwertigen Kabels erreicht. Darüber hinaus unterstützt XG-FAST auch symmetrische Dienste mit 1 Gbit/s über Entfernungen von bis zu 70 m auf nur einer Doppelader eines Kabels mit Standardqualität. Betreiber könnten also innerhalb von Gebäuden glasfaserähnliche Geschwindigkeiten über vorhandene Telefonleitungen bereitstellen, ohne neue Kabel verlegen zu müssen. Das würde kürzere Installationszeiten und weniger Aufwand für den Endkunden bedeuten.

Mit 50 oder 70 Metern kommen wir beim Breitbandausbau im Außenbereich nicht weit. Ist XG-FAST also eine Inhouse-Technik?

Bruno Jacobfeuerborn: Aus unserer Sicht aktuell ja. Trotzdem sollte man die Möglichkeiten nicht unterschätzen. Gerade die letzte Meile, im Fachjargon Netzebene 3 und 4, ist besonders aufwändig und kostenintensiv – also der Weg vom Multifunktionsgehäuse in das Haus der Kunden und die Weiterleitung im Haus.

Ist dann FTTH, der Glasfaserausbau bis nach Hause, für die Telekom tot?

Bruno Jacobfeuerborn: Nein. Das Ziel der Telekom ist es, möglichst vielen Menschen möglichst schnell einen möglichst hochbitratigen Internetanschluss zu bieten. Dafür nutzen wir die gesamte Palette der technischen Möglichkeiten - im Festnetz und Mobilfunk, die sich auch – je nach Anwendungsfall und Rahmenbedingungen – ergänzen. Und wir treiben darüber hinaus die technologische Entwicklung voran. Egal ob beim Mobilfunk oder Festnetz: Wir sind immer bestrebt, das Maximum aus den Ressourcen herauszuholen. FTTH ist hier eine Möglichkeit, die wir bereits unter anderem beim Ausbau von Neubaugebieten aktiv nutzen. Wer sich jedoch frühzeitig auf eine Technologie festlegt und versteift, begeht einen strategischen Fehler. Er unterschätzt die Dynamik der technischen Entwicklung und lässt oftmals auch Aspekte wie die Wirtschaftlichkeit sowie das Verhältnis zwischen Nachfrage und Angebot aus dem Auge.

Wann soll XG-FAST eingesetzt werden?

Bruno Jacobfeuerborn: Die Frage lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten. Dazu ist es noch zu früh. Die Technik befindet sich in einer frühen Phase der Entwicklung. XG-FAST zeigt aber, dass sich immer wieder neue Möglichkeiten eröffnen, wenn man danach sucht. Mit XG-FAST wird uns eine weitere Technologieoption zur Verfügung stehen, mit der wir hohe Übertragungsraten zur Verfügung stellen können und gleichzeitig unsere Glasfaserinfrastruktur näher zu unseren Kunden bringen werden. Aber man muss einen Schritt nach dem anderen machen: Bis 2018 werden wir dank Vectoring rund 80 Prozent der Haushalte in Deutschland mit über 50 MBit/s versorgen können. Anschließend werden es mit SuperVectoring über 250 MBit/s sein. Parallel bauen wir, zum Beispiel in Neubaugebieten, unsere FTTH-Infrastruktur aus. Wir haben hier also technologieübergreifend eine breite Toolbox und setzen diese zielgerichtet und den Anforderungen entsprechend ein. Rahmenbedingungen hierbei sind natürlich sowohl regulatorische Maßgaben sowie weitere technologische Entwicklungen. Denken Sie nur zum Beispiel an 5G, den neuen Kommunikationsstandard, den wir gerade maßgeblich mitgestalten.

Ist Kupfer mit XG-FAST ausgereizt?

Bruno Jacobfeuerborn: Nein, XG-FAST zeigt, dass die Entwicklung immer weitergeht. Mir ist die heutige Glasfaser-Debatte viel zu dogmatisch und absolut und abgehoben. Es geht nicht um ein entweder Glasfaser oder Kupfer. XG-FAST zeigt, eine Möglichkeit, das bestehende Kupfernetz in eine Glasfaser-Infrastruktur zu integrieren. Es geht darum unseren Kunden so schnell und effizient wie möglich hohe Bandbreiten zur Verfügung zu stellen. Unabhängig davon, ob der Kunde per Glas oder einer Kombination aus Glas und Kupfer den schnellen Zugang zum Netz erhält.

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