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Markus Jodl

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Der neue Telekom-Technik-Chef: So bauen wir Zukunft (2)

Wenn es jemanden gibt, der alle Fragen rund um Festnetz und Mobilfunk bei der Deutschen Telekom kompetent beantworten kann – dann ist das garantiert Dr. Abdurazak Mudesir. Er ist seit 1. Januar 2023 als Technik-Chef, als Chief Technology Officer (CTO), verantwortlich für Betrieb und Ausbau von Festnetz und Mobilfunk bei der Telekom.

Im ersten Teil unserer Interviewreihe „Das Netz fragt den Technik-Chef“ hat „Abdu“ Mudesir die Frage der Kundinnen und Kunden, der Nutzerinnen und Nutzer, rund ums Festnetz beantwortet. In Teil zwei des Interviews geht es diesmal um den Mobilfunk. Der „Mister Netz“ der Telekom erklärt die Gegenwart und blickt in die Zukunft der digitalen Netze – von der nächsten Ausbaustufe 5G Standalone bis zu neuartigen Möglichkeiten, die die Kombination aus 5G und Satellit bietet.

Das aktuelle 5G-Netz der Telekom ist häufig zwar schon Gigabit-schnell. Es nutzt aber immer noch technische Ressourcen von 4G/LTE. Deswegen war die häufigste Frage der Nutzerinnen und Nutzer: Wann kommt bei der Telekom als nächste Stufe 5G Standalone (SA)? Das funktioniert dann komplett eigenständig, ohne LTE, bietet noch schnelleren Datenverkehr und noch kürzere Reaktionszeiten.

Abdurazak Mudesir: Die Frage überrascht mich nicht. Ich glaube, wir reden als Deutsche Telekom bisher sehr wenig über 5G SA. Wenn man schaut, wo wir im Moment stehen, haben wir bereits die Fähigkeit, 5G SA zu starten. Das heißt, unsere 3,6 GHz, unsere 2,1 GHz, unsere 700 MHz sind alle schon verbunden mit unserem 5G-SA-Kernnetz. Wir sind also in der Lage, in den nächsten Monaten mit einem Knopfdruck bundesweit 5G Standalone anzubieten.

Warum machen wir das dann in unserem Netz noch nicht?

Abdurazak Mudesir: Da gibt es eine ganz klare Antwort. Wir sehen im Moment weder von den Use Cases, also von den Anwendungsszenarien, noch von der Verbreitung entsprechender Geräte her einen Mehrwert für unsere Endkunden. Vor allem für Privatkunden gibt es momentan sehr wenig Mehrwert. Hier arbeiten wir sehr eng mit den großen Geräteherstellern wie Apple oder Samsung zusammen. Wenn da etwas kommt, das den Kunden tatsächlich echte Vorteile bringt, werden wir einer der ersten sein, die 5G Standalone in ganz Deutschland ausrollen.

Wie sieht es im Großkundenbereich aus? Hier ermöglicht 5G Standalone ja das sogenannte Slicing. Dabei wird das Netz so intelligent und flexibel aufgeteilt, dass jeder Nutzer quasi sein eigenes, maßgeschneidertes 5G erhält.

Abdurazak Mudesir: Hier gibt es tatsächlich Potenzial. Mit dem Slicing sind wir in der Lage, ein dezidiertes, ein eigenes Netz für Geschäftskunden anzubieten. Und das bringt Mehrwert – ebenso wie unser neues Produkt „Mobile Journalism“, das wir jetzt im Markt haben, und das enorm schnelle Video-Uploads ermöglicht. Wir sind in der Lage, hier künftig mehr und mehr Anwendungsszenarien anzubieten. Das heißt, wir betrachten das 5G-SA-Thema differenziert. Für Businesskunden sind wir bereit, beispielsweise mit eigenen Campusnetzen. Für Privatkunden sehen wir noch keinen großen Mehrwert. Deswegen sind wir noch nicht im Markt.

Wie geht es mit den 5G-Millimeter-Wellen im Mobilfunk weiter? Diese hohen Frequenzen könnten in Zukunft nochmals deutlich höhere Datengeschwindigkeiten ermöglichen. Was erwartet uns da?

Abdurazak Mudesir: Bei dieser Innovation sind wir auch aktiv. Wir haben gemeinsam mit Ericsson und Qualcomm gezeigt, dass mit diesen Millimeter-Wave-Frequenzen bis zu 4 Gigabit pro Sekunde für die Kunden möglich sind. Das ist interessant. Allerdings ist die Wirtschaftlichkeit immer davon abhängig, wie viele Masten ich dafür brauche. Denn je höher die Frequenz ist, desto mehr Standorte sind erforderlich. Und die Frage ist auch, wie gut die Technik funktioniert, wenn sich zwischen Standort und Kunde Hindernisse wie Häuser oder Bäume befinden. In diesem Bereich gibt es weitere Innovationen, wir sind vorne mit dabei. Und wenn die Technik bereit ist, würden wir das auch nutzen.

Wie groß sind solche Zellen dann?

Abdurazak Mudesir: Sehr klein. Beim 26-GHz-Spektrum redet man von typischerweise 50 Meter Radius, maximal 100 Meter. Im Vergleich dazu deckt 5G Standalone zwei, drei Kilometer ab. Das ist schon ein Riesenunterschied.

Wie sieht es beim 6-GHz-Netz für 5G aus? Welche Anwendungsszenarien gibt es da, und welche Bandbreiten wollen wir einsetzen?

Abdurazak Mudesir: Im Moment sind 6 GHz für uns als Netzanbieter noch nicht zur Nutzung freigegeben. Aber wir sehen das als nächste, sehr stark nutzbare Frequenz. Aktuell nutzen wir 3,6 GHz, der nächste Schritt sind dann 6 GHz. Wenn die Freigabe kommt, über die noch dieses Jahr auf einem Kongress diskutiert wird, erwarte ich, dass hier in den nächsten fünf Jahren Produkte auf den Markt kommen.

Unternehmenssprecher Markus Jodl (l.) und Georg von Wagner im Gespräch mit Technik-Chef Abdurazak Mudesir.

Unternehmenssprecher Markus Jodl (l.) und Georg von Wagner (m.) im Gespräch mit Technik-Chef Abdurazak Mudesir (r.).

Was tut sich bei der Abschaltung von GSM, das 1990 gestartet ist – und das die Telekom in ihrem Netz ebenso wie andere Anbieter immer noch für Sprache und SMS verwendet?

Abdurazak Mudesir: Da sollte man nicht vergessen, dass es mehrere Anwendungen gibt, für die GSM auch heute noch relevant ist. Zunächst einmal sind das Sprachdienste. Wir haben immer noch Geräte in unserem Netz, die nur 2G können – leider, weil das echt sehr alt und ineffektiv ist. Es gibt aber auch Datendienste, die GSM nutzen, zum Beispiel beim Internet of Things und im Geschäftskundenbereich. Und es gibt Roaming: Wenn Leute aus anderen Ländern nach Deutschland kommen, nutzen sie oft GSM.

Das heißt, es gibt noch keine konkreten Pläne zur GSM-Abschaltung?

Abdurazak Mudesir: GSM ist natürlich alt, richtig alt. Da kommen jetzt auch langsam „End of Life“-Ankündigungen unserer Partner, von Geräteherstellern. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Außerdem sind die 900 MHz, die wir heute für GSM nutzen, eine sehr wertvolle Frequenz. Die kann man sehr gut für eine bessere Mobilfunkabdeckung in Gebäuden nutzen, oder für größere Reichweiten. Das tun wir heute schon, indem wir in einem ersten Schritt die Frequenzen aufteilen, zwischen GSM und 4G/LTE.

Zweiter Schritt wäre dann, GSM komplett abzuschalten.

Abdurazak Mudesir: Ja, das wird aber noch länger dauern. Daran müssen wir gemeinsam mit unseren Businesskunden arbeiten. Und wir müssen den privaten Nutzern ein Angebot machen, mit dem sie bei der Sprachqualität keine Einbußen haben. Wir haben bei der GSM-Abschaltung noch keine konkrete Zeitleiste. Den Druck gibt es aber global, GSM ist schließlich mittlerweile über 30 Jahre alt. Es wird also Zeit, dass wir diese Frequenz effektiver nutzen und unseren Kunden eine bessere Technologie anbieten als GSM.

Täuscht der Eindruck, dass die Deutsche Telekom generell geduldiger ist als die Wettbewerber, und dass wir tatsächlich auch noch auf die letzten Kundinnen und Kunden warten, die eine nicht mehr zeitgemäße Technologie nutzen?

Abdurazak Mudesir: Das hängt natürlich damit zusammen, dass wir alle Kunden zu Fans machen wollen, dass wir tatsächlich jeden Kunden mitnehmen wollen. Das führt zur Frage, wie wir mit den letzten Kunden umgehen, mit der Oma oder dem Opa, die ihre Geräte nicht austauschen wollen. Man kann es machen wie die großen US-Firmen und sagen, das ist 30 Jahre alt, wir stellen das ein, sorry. So zu agieren, hat natürlich seinen Mehrwert. Aber gleichzeitig wollen wir sicherstellen, dass wir jeden Kunden mitnehmen. Da müssen wir die richtige Balance finden. Und das ist der Grund dafür, dass wir beim Abschalten manchmal nicht so schnell und nicht so aggressiv wie die Wettbewerber sind.

Jeder Mobilfunkbetreiber sucht Standorte. Warum nutzen wir Windräder und Strommasten nicht konsequent?

Abdurazak Mudesir: Das tun wir, wo es denn möglich ist. Aber das ist nur sehr selten der Fall. Der Grund ist klar: Wenn man schaut, wo diese Anlagen stehen, ist das meist mitten im Nirgendwo, wo es keine Häuser und damit auch keine Mobilfunknutzer gibt. Gleichzeitig sind die Kosten hoch, wenn man zum Beispiel eine kilometerlange Glasfaserstrecke zu einem Windrad bauen muss – ohne, dass es auf diesem Weg irgendwelche Kunden zu versorgen gibt.

Wir betreiben unsere Mobilfunknetze teilweise mit alternativen Energiequellen, mit Wasserstoff, Windkraft oder Solar. Wie sieht es da aus?

Abdurazak Mudesir: Wir als Deutsche Telekom haben uns ja dazu verpflichtet, ab 2025 klimaneutral zu arbeiten. Dafür müssen wir auch erneuerbare Energien an unseren Standorten nutzen. Eines der Themen, an dem wir intensiv arbeiten, ist der Einsatz von Wasserstoff an temporären Standorten. Das ist eine lange Reise, aber wir sind entschlossen, hier unsere Umweltziele zu erreichen.

Generell gefragt: Welche Innovationen können wir beim Mobilfunk in den nächsten Jahren erwarten?

Abdurazak Mudesir: Ich glaube, dass es bei 5G immer noch Raum für Innovationen gibt. Aktuell haben wir 5G Non Standalone (NSA) im Markt, bei dem wir immer noch neue Anwendungsszenarien sehen. Dann kommt 5G Standalone (SA). Beim Thema Verdichtung der Netze gibt es die Möglichkeit, den Satelliten im Zusammenspiel mit 5G besser zu nutzen. Beim Stromverbrauch wollen wir es schaffen, dass unsere Netze in Gebieten mit nur wenigen Kunden ihren Energiebedarf drastisch senken und bis auf ein Minimum reduzieren. Und nach 5G kommt dann ja auch schon 6G.

Könnte der Satellit im Zusammenspiel mit 5G auch den ländlichen Raum mit mehr Bandbreite versorgen, so dass man dort weniger stark auf das Festnetz angewiesen ist?

Abdurazak Mudesir: Wir sehen uns genau an, inwieweit das machbar ist. Aktuell ist die Bandbreite der Satelliten für Endgeräte im Mobilfunk aber noch sehr begrenzt. Denn der Satellit deckt ja einen Radius von, sagen wir, 500 Kilometer ab. Und alle Kunden, die dort leben, müssen sich diese Kapazitäten teilen. Die Technik wird kommen. Aber die ersten Anwendungen sind dort sicherlich Telefonie oder Text, zum Beispiel mit SMS und anderen Nachrichten. Bis wir vernünftige Datenmengen auf diesem Weg übertragen können, wird das noch dauern.

Zum Abschluss eine Frage zum Sport. 2024 ist Fußball-Europameisterschaft in Deutschland. Was machen wir dabei als Deutsche Telekom?

Abdurazak Mudesir: Wir sind ja Technologiepartner des Turniers. Zunächst einmal haben wir MagentaTV, wo wir als einziger Sender alle 51 EM-Spiele live übertragen. Fünf Spiele davon sind exklusiv bei uns zu sehen, vier Vorrundenspiele und ein Achtelfinale. Gleichzeitig versorgen wir die Fanzones in Deutschland mit Mobilfunk. Hier wollen wir sicherstellen, dass unsere Netze gewohnt stabil sind und diese großen Veranstaltungen gut abdecken. Dabei wird es auch Innovationen geben, über die ich momentan aber noch nicht so viel verraten will.

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Maik Exner

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