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Video-Interview mit Werner Vogels, Chief Technology Officer Amazon

Interview-Vogels

Herr Vogels, es freut uns sehr, dass Sie hier bei #digitalduty und meinem Blog dabei sind. Sie sind einer der führenden Experten auf diesem Gebiet. Sprechen wir über künstliche Intelligenz. Was ist der Unterschied zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz?

Werner Vogels: Ich glaube, der größte Unterschied besteht darin, dass künstliche Intelligenz immer noch bloße IT ist, ohne irgendeine Kreativität. Ihr fehlt es an allem, was Menschen außergewöhnlich macht. Künstliche Intelligenz arbeitet einfach mit Daten, mit einigen intelligenten Algorithmen, um Vorhersagen über die Zukunft zu treffen und die Dinge, die wir tun, genauer zu untersuchen.

Ich glaube, dass die Intelligenz dieser Dinge, zumindest beim derzeitigen Stand der Entwicklung, bei weitem überschätzt wird. Meiner Meinung nach gibt es zwei praktische Anwendungsbereiche: Maschinelles Lernen bedeutet im Wesentlichen, Daten aus der Vergangenheit zu übernehmen, wie zum Beispiel die E-Mails, die Sie an Kunden geschickt haben, welche darauf geantwortet haben und auf der Grundlage dieser Daten zu wissen, wer in Zukunft Ihre Zielgruppe sein sollte. Oder nehmen wir die natürliche Sprachverarbeitung. Das ist der andere Bereich. Das sind zwei sehr praktische Bereiche, die heutzutage von vielen als etwas Geheimnisvolles angesehen werden, aber wir haben das schon immer gemacht.

Wenn Sie Kunde auf Amazon.de sind, dann haben Sie schon immer unsere Empfehlungen bekommen. Das war nichts anderes als maschinelles Lernen. Bei Amazon gibt es fast nichts, das nicht mit künstlicher Intelligenz oder maschinellem Lernen zu tun hat, ob es die Einstellung des Lagerbestands ist oder der Schutz vor Betrug oder das Aufdecken falscher Rezensionen. Alles das nennen wir heute künstliche Intelligenz. Aber es ist nur IT.

Es wird also noch dauern, bis Computer den Turing-Test bestehen oder anfangen zu träumen?

Werner Vogels: Ich glaube nicht, dass das Träumen auch nur irgendwie in greifbarer Nähe ist. Und wen kümmert das überhaupt? Ich meine, für uns sind Träume wichtig, weil sie Teil unseres kreativen Prozesses sind. Träume ermöglichen uns, Dinge in Augenblicken zu verarbeiten, in denen wir nicht damit beschäftigt sind, Signale zu verarbeiten. Und Träumen ist ein wichtiger Teil des kreativen Prozesses. Aber meiner Meinung nach sind wir sehr weit entfernt davon, diese Art von kreativem Prozess in Algorithmen umzusetzen. Wenn Sie nur mal schauen, wo wir zum Beispiel mit der Bildverarbeitung stehen. Angenommen, Sie begegnen einer Tierart, die Sie bisher noch nie gesehen haben, dann würden Sie immer noch erkennen: Oh, das muss ein Tier sein. Ein Computer, der diese Tierart noch nie zuvor gesehen hat, würde niemals wissen, was das ist.

Wir sind Zeugen einer exponentiellen Datenentwicklung geworden. Wir erleben eine exponentielle Entwicklung von Akteuren und Sensoren im Netz. Werden wir auch eine exponentielle Entwicklung von Cyberkriminalität und Cyberrisiken erleben?

Werner Vogels: Wir haben uns in einer frühen Phase damit befasst, in der sich noch nicht Viele mit dem Thema beschäftigt haben. Bei der nächsten Gerätegeneration, die auf den Markt kommt, muss Sicherheit unsere oberste Priorität sein.

Bei Amazon haben wir zum Beispiel eine Software entwickelt, die in jedes dieser Geräte integriert werden kann. Wir nennen sie „Greengrass“. Grundsätzlich können einige unserer sicheren Cloud-Computing-Technologien jetzt auf jedem dieser Geräte ausgeliefert werden und sehr genau kontrollieren, wer Zugriff auf sie hat und welche Art der Kommunikation sie haben können.

Daher denke ich, dass die frühen Pannen, die wir in diesem Bereich gesehen haben, mit Sicherheit abgewendet werden können. Auf der anderen Seite glaube ich fest daran, dass Sicherheit durchgängig sein muss, End-to-End. Es kann nicht nur die Infrastruktur sein, die unsere Kunden schützt. Wir müssen wirklich dafür sorgen, dass Schutzmaßnahmen eingerichtet werden, die so dicht wie möglich am Kunden sind. Wir müssen uns in einer unsicheren Welt sicher fühlen können. Das schaffen wir nur, wenn wir durchgängige Sicherheitsdienste einrichten.

Wenn man sich erst dann sicher fühlen kann, wenn die Infrastruktur sicher ist, wird der Fall niemals eintreten.

Das ist Teil unser Verpflichtung. Es wird behauptet, dass Alexa Zeugin in einem Mordfall geworden sein könnte. Damit haben wir ein ethisches Dilemma: Welcher Wert ist höher einzuschätzen? Der Datenschutz oder die Aufklärung von Verbrechen? Und wie sollen wir künftig mit solchen Themen umgehen?

Werner Vogels: Nun, ich denke zunächst einmal, dass die Darstellung dessen, was geschehen ist, nicht richtig war. Daher möchte ich diesen speziellen Aspekt nicht kommentieren.

Die Datensicherheit unserer Kunden wird immer unsere oberste Priorität sein und damit auch der Schutz unserer Kunden. Daher ist es so, wie wir es vorher bei der Verschlüsselung gesagt haben. Wenn Sie nützliche Dinge für gute Menschen entwickeln, dann können Sie nicht verhindern, dass sich auch kriminelle Akteure derselben Technologien bedienen. Aber das war schon immer so. Das sollte uns nicht davon abhalten, für die Datensicherheit der guten Menschen zu sorgen, um sie ernsthaft schützen zu können.

Zusätzliche Frage (nicht im Video)

TechCrunch berichtete kürzlich, dass Amazon Harvest.ai aufgekauft hätte, eine Firma, die sich mit Cybersicherheit beschäftigt. Wie wichtig sind Sicherheit und Verschlüsselungslösungen für Amazon?

Werner Vogels: Unsere Kunden zu schützen, wird immer unsere oberste Priorität sein. Das war immer so und wird auch so bleiben. Das sollte übrigens für jedes Online-Business die oberste Priorität sein, wenn Sie mich fragen. Andernfalls haben Sie kein Geschäft mehr.

Da stimme ich Ihnen zu.

Wir müssen dafür sorgen, dass Sicherheit vom ersten Tag an ein fester Bestandteil unseres Geschäfts ist. Das kann nicht mehr länger ein Thema sein, über das man erst im Nachhinein nachdenkt. Wenn wir uns die Hauptschwachstellen der letzten Jahre ansehen, dann waren das in den meisten Fällen alte Systeme, die netzwerkfähig gemacht wurden und in denen dann Schwachstellen entdeckt wurden, weil die Sicherheit erst im Nachhinein bedacht wurde.

Da muss noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Und es muss noch viel Technik entwickelt werden. Das wichtigste und zentrale Thema wird dabei die Verschlüsselung sein. Wir sind überzeugt davon, dass es bei der Verschlüsselung keine Hintertüren geben sollte. Denn sonst können wir genauso gut ganz darauf verzichten. Das wäre in etwa so, als ob Sie jemanden damit beauftragen, Dritten den Generalschlüssel zu allen Ihren Häusern zu geben. Jeder wird diesen Schlüssel haben wollen.

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