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Was kommt? Was bleibt? Was tun?

Von Automatisierung und künstlicher Intelligenz über virtuelle Realität bis hin zum hochvernetzten digitalen Arbeitsplatz: Die Arbeitswelt wird in zehn Jahren ganz anders aussehen als heute – davon sind Zukunftsforscher und Arbeitsmarktexperten überzeugt. Welche bahnbrechenden kulturellen und technologischen Treiber sind es, die unsere Jobs schon heute, aber erst recht morgen maßgeblich beeinflussen? Und vor allem: Was bedeutet der Wandel für uns, wieviel Mut und Veränderungsbereitschaft sind gefragt. Was kommt? Was bleibt? Was tun? Eine Spurensuche.

Sicher ist: Die Zukunft hat längst begonnen – unter dem Begriff “Digitale Transformation.” Kein Lebensbereich, der nicht davon betroffen ist, kein Unternehmen, das nicht an entsprechenden Konzepten für den digitalen Aufbruch arbeitet. Auch die Telekom hat sich längst auf den Weg begeben. Und formuliert das Ziel dieser Reise so: Sie will das führende digitale Telekommunikationsunternehmen werden - mit dem Anspruch, erst dann zufrieden zu sein, wenn jeder dabei ist. Das macht auch deutlich: Die Digitalisierung ist genau genommen weniger Revolution, sondern eher Evolution. Es ist ein Veränderungsprozess, der vor Jahrzehnten begonnen hat. In den 1930er und 1940er Jahren. Das binäre System, bestehend aus Einsen und Nullen, war die Basis für die Entstehung der ersten Computer von Konrad Zuse im Jahre 1937. Was zugenommen hat, ist das Tempo der Entwicklung. Dafür sorgen immer wieder technologische Sprünge, die sich dann in nahezu jedem Lebensbereich auswirken.  

Zwei Frauen steigen durch einen Kreis.

Von Heute auf Morgen.

Mikrochips verändern den Alltag

Zu nennen ist hier vor allem die Entwicklung des Mikrochips. 1958 hat der Elektroingenieur Jack Kilby durch die Erfindung des integrierten Schaltkreises die Grundlage für diese kleinen elektronischen Wunderteile geschaffen. Ohne Halbleiter würde unser Alltag ganz anders aussehen. Mikrochips sind die Basis für automatisierte Produktionsabläufe, sie machen das Internet möglich und die Kommunikation via Smartphone. Auch Fernseher, Waschmaschinen, Herzschrittmacher, Hörgeräte, E-Bikes und Autos sind ohne die kleinen Bauteile nicht denkbar. In der Autoindustrie ist schon seit geraumer Zeit die Elektronik der Innovationstreiber und nicht mehr der Maschinenbau.

Technologie-Sprünge

Die technologischen Sprünge sind es, warum dennoch im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel von der dritten beziehungsweise vierten industriellen Revolution” gesprochen wird.  “Der digitale Wandel oder auch die 'digitale Transformation' gilt uns heute auch als eine Art von Revolution, ähnlich wie die Industrielle Revolution ausgangs des 18. und eingangs des 19. Jahrhunderts”, schreibt die Historikerin Anja Kircher-Kannemann in ihrem Blog “Kultur Geschichten Digital”. Quantencomputing, Biocomputing und Nanotechnologien werden diesen Wandel weiter beschleunigen.

Das alles führt zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, der Lebensumstände und der Arbeitsbedingungen. “Die Zeit der Veränderung ist die Gegenwart, nicht die Zukunft”, sagt der Sozialpsychologe Harald Welzer. Dabei sollte auch in der sich grundlegend verändernden modernen Arbeitswelt der Mensch das Maß aller Dinge sein. 

Soziale Aktzeptanz von Transformation

Die Beispiele Kohleausstieg oder der Wandel des Mobilitätssektors zeigen, dass die soziale Akzeptanz für Transformationsprozesse davon abhängig ist, ob es gelingt den betroffenen Arbeitnehmern Perspektiven für ihr künftiges Erwerbsleben aufzuzeigen. Aber auch nicht in diesen Branchen Beschäftigte müssen sich klar sein: Wer die Natur schützen will, muss Windräder in Kauf nehmen. Wer die Verkehrswende fordert, muss über den Sinn und Unsinn des eigenen Autos nachdenken.

Mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland, so wissenschaftliche Studien, werden sich durch Digitalisierung und die Auswirkungen weiterer Megatrends stark verändern. Viele Beschäftigte in Deutschland müssen sich neue Fähigkeiten aneignen, um den sich verändernden Anforderungen an ihrem Arbeitsplatz gerecht zu werden oder um in einen neuen beruflichen Tätigkeitsbereich wechseln zu können. 

Angst vor Veränderungen

Doch für viele Menschen sind Veränderungen schwierig. Sie reagieren mit Angst und Widerstand - und manchmal mit Verdrängung. Das ist in der Arbeitswelt nicht anders als sonst auch.

„So wie die erste industrielle Revolution der Lebenswelt damals vielen Menschen Angst einjagte, so tut dies auch der digitale Wandel heute. Wahrscheinlich aber wird die Reaktion auf diese Ängste in wenigen Jahren oder spätestens Jahrzehnten genauso aussehen, wie die unsrige auf die Ängste der Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts: Wir werden sie nicht mehr nachvollziehen können“, so Kircher-Kannemann.

Gespenst vom Ende der Arbeit

Zukunftsforscher Matthias Horx kann die Ängste heute schon nicht nachvollziehen. Vor allem, wenn es um das „Gespenst“ vom „Ende der Arbeit“ geht. Horx reibt sich an Ökonomen wie Jeremy Rifkin und anderen Theoretikern, die predigen, dass Entwicklungen wie "Industrie 4.0" oder "Künstliche Intelligenz" massenweise "Arbeit vernichten" werden – und damit zu einer gewaltigen Krise der Erwerbsgesellschaft führen.

„Das ist, war und bleibt Unsinn – auch wenn es immer sehr überzeugend klingt“, echauffiert sich Horx: „Arbeit ist kein Kuchen, der irgendwann vertilgt ist.“ Jeder Technologieschub erzeuge eine Komplexitäts-Kaskade, die zu gesteigerten Nachfragen und ganz neuen Bedürfnissen führe. Automatisierte Fabriken erzeugen Bedarf nach "High Services" und technischer Expertise, aber auch nach "Low Services" im Bereich von Wartung und Betreuung. Die "Freigesetzten" fänden rasch neue Jobs in Berufen, von denen man gestern noch nichts ahnte, glaubt Horx. Für Arbeit gelten die nichtlinearen Gesetze der Evolution: „Automatisierung – weniger körperliche Arbeit – erzeugt zum Bespiel sofort einen riesigen Bewegungs- und Gesundheits-Markt.“ Heißt: Arbeit wird nicht weniger, sie wird nur anders.

Bestehende Arbeitsmodelle unter Druck

Digitalisierung, Globalisierung, Corona-Pandemie, aber auch der steigende Drang zur Selbstverwirklichung:  bestehende Arbeitsmodelle sind unter Druck geraten. An Normen und Überzeugungen, die großenteils während der industriellen Revolution entstanden sind, wird immer mehr gezweifelt. 

Auch die jahrhundertealte Norm des achtstündigen Arbeitstages und der Fünftagewoche verschiebt sich aufgrund des Ausmaßes des technologischen Wandels. In der Politik kommt das Thema Viertagewoche verstärkt auf. Und die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens wird öffentlich debattiert. 

Neue Arbeit: Nicht nur auf wo und wann kommt es an

Wie will ich arbeiten? Und welchen Stellenwert hat Arbeit in meinem Leben? Diese Fragen rücken für die Beschäftigten immer mehr in den Mittelpunkt. „Home-office“, „Remote Work“, „Jobsharing“ und „Co-Working“ sind Schlüsselbegriffe in der neuen Arbeitswelt. Nicht zu vergessen „Purpose“, also der höhere Sinn der Arbeit. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) spricht von einem „großflächigen, bundesweiten Experiment der Digitalisierung von Arbeit und Kooperation“. Nicht nur das Wo und Wann der Arbeit, auch der Modus der Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen ändert sich. „Für immer mehr Menschen werden Beteiligung, Autonomie und Sinnstiftung ein Thema. „Das hat vor allem in den letzten zwei Jahren zugenommen“, sagt Professorin Jutta Rump vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE). 

Der amerikanische Arbeitsmarkt bekommt diesen Kulturwandel gerade schmerzhaft zu spüren. Im vergangenen Jahr haben dort 48 Millionen Menschen ihren Job gekündigt. Ein historischer Höchststand. The „Great Resignation“, so wird dieses Phänomen bezeichnet, erhöht den Druck auf die Arbeitgeber, für bessere Bedingungen zu sorgen und die Hire-an-fire-Kultur zu überdenken. Und selbst ein erfolgreiches Vorzeige-Unternehmen wie Apple musste sich jüngst dem neuen Selbstbewusstsein der Mitarbeitenden beugen: Nachdem CEO Tim Cook mit Petitionen und Protestbriefen aus der Belegschaft überhäuft wurde, setzte er den Plan, die Bürotage wieder zu erhöhen, aus. Anders Tesla: Elon Musk beordert seine Mitarbeiter ins Büro zurück – wer die Präsenzpflicht von mindestens 40 Wochenstunden nicht einhalte, müsse »Tesla verlassen«, schrieb er in einer internen Mail, die auf Twitter veröffentlicht wurde. Je höher die Position ist, desto präsenter müssen Mitarbeitende sein. Über Ausnahmen wolle er persönlich entscheiden. Die Echtheit der E-Mail bestätigte Musk indirekt mit einer Antwort auf Twitter. Gefragt, was mit Mitarbeitern bei Tesla sei, die es für ein antiquiertes Konzept halten, ins Büro zu kommen, schreibt Musk: „Sie sollen woanders so tun, als würden sie arbeiten.“

Gelernt ist gelernt

Nicht der digitale Wandel ist das Problem, sondern die Unfähigkeit, darauf zu reagieren. Haben wir einmal etwas erlernt, verlernen wir es nur ungern. Wir halten uns an Vertrautem fest, meiden Informationen, die unseren Überzeugungen widersprechen. Zudem fürchten sich Unternehmen vor der Kannibalisierung etablierter Produkte und Dienstleistungen. “Wenn ich ein funktionierendes Geschäftsmodell habe, fehlt der Anreiz etwas neu zu machen”, sagt Monika Schnitzer, Expertin für Innovationsforschung.

Festhalten ist die Illusion von Sicherheit. Der Neuanfang setzt voraus, dass etwas Altes, Vertrautes losgelassen wird. Sich von Vertrautem zu lösen, ist indes keine menschliche Stärke. “Das Sichere ist nicht sicher. So, wie es ist, bleibt es nicht”, wusste schon der Dramatiker Bertolt Brecht. Uns allen ist klar: Es gibt keinen Weg zurück. Nur wenig bleibt, wie es ist.

Nicht Lernen geht nicht

Auch der Bildungssektor steht vor großen Umbrüchen. Viele Menschen werden im Laufe ihres Arbeitslebens nicht nur mehrere Jobs, sondern auch mehrere Karrieren haben. Lernwege müssen sich so verändern, dass sie lebenslang sind. Unternehmen spielen in diesem Ökosystem des Lernens eine zentrale Rolle. Eine neue Lernkultur beginnt deshalb immer beim Topmanagement. Nicht zu lernen, darf keine Option sein. 

Auf uns kommt es an

Arbeitsmarktexperten erwarten, dass sich Berufsbilder immer stärker von Branchengrenzen lösen – für Arbeitnehmende birgt das auch Chancen: Jobwechsel zwischen einzelnen Branchen werden einfacher, die Möglichkeiten beruflicher Mobilität nehmen zu.

Wer sich mit der Zukunft beschäftigt, hat die besten Chancen kein Zaungast der Entwicklung zu sein. Ja, Megatrends wie Automation, Mensch-Maschine-Interaktion oder künstliche Intelligenz werden unsere Arbeitswelt grundlegend verändern. Kultureller und gesellschaftlicher Wandel tragen ihr Übriges dazu bei. Der digitale Fortschritt verändert Berufsbilder, technische Errungenschaften ermöglichen völlig neue, flexible Arbeitsweisen. Was auf uns zukommt und wie wir damit umgehen, hängt immer auch von uns ab. Oder wie es Tim Höttges in einem Essay zur Digitalisierung ausdrückte: “Wir sind kein Spielball der Digitalisierung. Sondern wir sind das, was wir sein wollen.”

Unsere Arbeitswelt nach der Pandemie eine andere sein. Nun geht es darum, sie erfolgreich zu gestalten.

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Wie gestalten wir New Work bei der Telekom? Antworten und Beispiele gibt es in diesem Special.

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