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"Wir wollen die Subvention von Handys abschaffen"

Die Deutsche Telekom will mit ihrer Tochter T-Mobile USA zum drittgrößten Mobilfunkanbieter des Landes aufsteigen und damit den Konkurrenten Sprint überholen.

Das sagte der neue T- Mobile Chef John Legere im Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“. Nach dem gescheiterten Verkauf an AT&T hat die Deutsche Telekom ihn im September zum Vorstandsvorsitzenden von T-Mobile USA gemacht. Im Interview macht Legere deutlich, dass T-Mobile 2015 den Anlegern an der Börse gute Gewinne bescheren und kein "Problemkind der Deutschen" mehr sein wird.

Bei T-Mobile USA habe sich viel getan. Man habe zusätzliche Funkspektren bekommen und biete inzwischen in vielen Ballungszentren das schnellste Netz. Der Zusammenschluss mit MetroPCS würde bei den Nutzerzahlen schon eine "Rufweite" zu Sprint bewirken und der Vertrag mit Apple für den iPhone-Vertrieb sei mit einer geringeren Abnahmeverpflichtung als bei Sprint zustande gekommen, betonte Legere. Lesen Sie nachfolgend das Interview in voller Länge.

Die Vision des John Legere Nach dem gescheiterten Verkauf an AT&T hat die Telekom im September John Legere zum Chef von T-Mobile USA gemacht. Auf den 54-jährigen Manager wartet ein Feuerwehr-Einsatz: Die Vertragskunden laufen weg, die Umsätze schrumpfen. Dennoch will Legere jetzt seine viel größeren Konkurrenten angreifen.

Die Welt: Herr Legere, ist T-Mobile eine amerikanische oder eine deutsche Firma?

John Legere: T-Mobile ist amerikanisch, gehört aber einem internationalen Unternehmen.

Die Welt: Und wie sehen das Ihre Kunden? John Legere: Amerikaner sind sehr stark auf die USA fokussiert. Ich würde sagen, dass die Mehrheit gar nicht weiß, dass wir zur Telekom gehören. Für sie steht die Marke im Vordergrund, die vor allem cool ist.

Die Welt: T-Mobile USA wird in Deutschland noch als Problemfall der Telekom angesehen. Warum das?

John Legere: Weil die Telekom einst Voicestream zu teuer eingekauft hat. Weil die Zahl der Vertragskunden schrumpft, die Umsätze ebenso. Weil der Verkauf an AT&T gescheitert ist. T-Mobile erzielt seit Jahren positive Ergebnisse und finanziert seine Investitionen selbst. Richtig ist aber auch, dass die Telekom einst Voicestream für annähernd 40 Milliarden Dollar in einer Zeit gekauft hat, als die Unternehmensbewertungen in der Telco-Branche deutlich höher waren. Richtig ist auch, dass das US-Geschäft in den vergangenen drei, vier Jahren bei Umsatz und Kundenentwicklung nicht die Erwartungen erreicht hat. Darüber kann man entweder mit immer gleichen Schlagworten lamentieren. Oder man schaut, was für Möglichkeiten man hat und macht sich konsequent an die Umsetzung. Ich entscheide mich für die zweite Perspektive.

Die Welt: Wird T-Mobile USA im Jahr 2015 noch immer zur Deutschen Telekom gehören?

John Legere: Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass T-Mobile 2015 ein an der Börse gelistetes Unternehmen sein wird, mit dem die Aktionäre dann gut gefahren sein werden. Und es wird die Mobilfunklandschaft in den USA mitgeprägt haben. Ich glaube schon, dass die Telekom in drei Jahren uns noch in irgendeiner Weise verbunden sein wird. Wir werden dann sicherlich kein Problemkind der Deutschen Telekom sein.

Die Welt: Was macht Sie da so optimistisch?

John Legere: Es hat sich viel getan, nachdem klar war, dass es keinen Verkauf an AT&T geben wird. Wir haben sehr viel zusätzliches Funkspektrum bekommen und sind dabei, unser Netz zu modernisieren. In vielen Ballungszentren haben wir das schnellste Netz. Der Zusammenschluss mit MetroPCS wird uns noch weiter voranbringen. In vielen größeren Städten gehört uns dann der Großteil der Frequenzen, auf denen der schnellere Mobilfunkstandard LTE läuft.

Die Welt: Die Wettbewerbsbehörden müssen der MetroPCS-Übernahme noch zustimmen. Möglicherweise gibt es sogar noch ein Gegenangebot. Haben Sie einen Plan B für den Fall, dass die Übernahme scheitert?

John Legere: Wir brauchen keinen Plan B. Wir arbeiten im Übrigen zugleich an unserer Service-Qualität. Wenn man die großen Wettbewerber angreift, und das machen wir, dann muss sowohl das Netz als auch der Kundenservice stimmen. Wir machen unseren Nutzern das Angebot, unbegrenzt mit ihrem Smartphone in unserem Mobilfunknetz der vierten Generation zu surfen. Und das sogar ohne Vertragsbindung. Und wir bieten neuen Kunden die Möglichkeit, dass sie ihre eigenen Handys mitbringen. Dafür bekommen sie einen guten Preis beim Telefonieren und Surfen. Wir wollen die Subvention von Handys abschaffen. Denn das führt für die Nutzer zu hohen monatlichen Gebühren. Und viele ahnen überhaupt nicht, dass sie damit ihre Telefone abzahlen.

Die Welt: T-Mobile ist von den vier nationalen Netzbetreibern der kleinste.

John Legere: Das soll so nicht bleiben. Wir sehen Möglichkeiten, auf den dritten Platz vorzurücken. Aber um an Sprint vorbeizuziehen, ist es am vielversprechendsten, AT&T anzugreifen. Es wäre aber arrogant zu glauben, dass sich dieser Kampf unter uns vieren abspielt.

Die Welt: Was meinen Sie damit?

John Legere: Es können jederzeit andere in den Markt einsteigen, ob das nun der Satelliten-TV-Anbieter Dish, Direct TV, Apple oder Google sind. Es gibt genug Raum für alternative Strukturen. Wir schauen uns das sehr genau an, auch um unsere eigene Basis zu vergrößern. Zusammen mit MetroPCS kommen wir bei den Nutzerzahlen schon in Rufweite zu Sprint.

Die Welt: Was kann die Telekom eigentlich von T-Mobile USA lernen?

John Legere: Die Telekom ist längst dabei, von uns zu lernen. Das gilt für den engen Kontakt zu unseren Nutzern ebenso wie für die Geschwindigkeit, mit der wir uns hier im Markt bewegen. Die Telekom hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, nicht zuletzt wegen René Obermann, der aus der Mobilfunkwelt kam und sehr unternehmerisch geprägt ist.

Die Welt: In Deutschland bündelt die Telekom Fest- und Mobilfunkprodukte zum Teil sogar mit TV-Programmen. In USA fehlt Ihnen dafür das Festnetz. Ist das ein Nachteil?

John Legere: Nicht unbedingt. Es gibt immer einen Konkurrenten, der bei solchen Bündelangeboten eine Schwachstelle findet und Teile davon erfolgreich einzeln anbietet. Und es gibt Beispiele von erfolgreichen Anbietern, die mit nur einem Netz unterwegs sind. Wer ein Bündelprodukt haben will, kann außerdem auf Partnerschaften setzen. Das könnte auch für T-Mobile gelten.

Die Welt: Wie wichtig ist es eigentlich, das iPhone zu verkaufen?

John Legere: Es ist vor allem wichtig, das iPhone im Angebot zu haben, nicht zuletzt, um neue Kunden in die Geschäfte zu ziehen. Ohne das iPhone bleiben viele Interessenten schlichtweg weg. Außerdem sind viele unserer Vertragskunden zu Konkurrenten gewechselt, weil sie das iPhone ausprobieren wollten. Wir haben uns jetzt mit Apple geeinigt und werden dessen Produkte künftig anbieten können.

Die Welt: Als Sprint das iPhone bekam, musste das Unternehmen eine Abnahmegarantie von mehr als 15 Milliarden Dollar abgeben. Wie sieht Ihre Vereinbarung mit Apple aus?

John Legere: Ich kann darüber nicht im Detail sprechen. Aber unsere Abnahmeverpflichtung ist deutlich geringer als bei Sprint. Und wir werden das iPhone auch nicht zu einem subventionierten Preis abgeben. Daher wird es auch unsere Bilanz nicht derart belasten.

Die Welt: Verliert Apple an Attraktivität?

John Legere: Nein. Wir haben lange und hart verhandelt. Apple hat verstanden, was wir in Zukunft vorhaben. Alles in allem machen sie ein gutes Geschäft. Sie dürfen auch nicht vergessen, dass Samsung mit seinem Galaxy-Smartphone ein sehr gutes Jahr hatte. Apple muss seine Position verteidigen.

Die Welt: Glauben Sie an ein Comeback von Nokia und Blackberry?

John Legere: Nokia-Handys sind großartige Geräte. Die Leute mögen diese Smartphones, wenn sie sie erst einmal ausprobiert haben. Apple hingegen ist eine unglaubliche Marketing-Maschine. Die Leute wollen die Produkte, bevor sie überhaupt wissen, wie sie aussehen. Und ich hoffe auch, dass die neuen Blackberry-Smartphones zu den Gewinnern gehören.

Die Welt: Die Gewerkschaften werfen T-Mobile USA schlechte Arbeitsbedingungen und eine Blockadehaltung vor, wenn es darum geht, Arbeitnehmervertretungen zu wählen. Wie reagieren Sie darauf?

John Legere: In den jüngsten Umfragen haben sich 83 Prozent unserer Mitarbeiter geäußert, dass sie stolz sind, bei uns zu arbeiten. Und fast drei Viertel sind sehr zufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Diese Werte haben sich in den vergangenen zwei Jahren sogar verbessert. Die Arbeitsmoral ist also sehr hoch. Trotzdem nehmen wir die Vorwürfe sehr ernst. Sie haben sich aber ohne Basis gezeigt.

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