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Konzern

Klaus vom Hofe

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5G-Tests aus dem Bulli

Technologie ist kein Selbstzweck. Es kommt darauf an, dass die Kunden etwas davon haben. Der neue Kommunikationsstandard 5G verspricht, kundenorientierter zu sein als frühere Generationen. Ingenieure wie Tomáš Kašparec vom „5G:haus“ der Telekom arbeiten hart daran, dass dies in der Praxis auch so sein wird.

Berlin, Winterfeldtstraße. Ein warmer Sommermorgen. Noch liegt der Innenhof im Schatten. Kollegen kommen zur Arbeit, Kaffeebecher in der Hand. Viele mit Kopfhörern, die sie wohl schon in der S-Bahn trugen. Ihr Deutsche Telekom-Standort hat acht Stockwerke. Und ganz oben auf dem Dach steht ein Sendemast mit den ersten 5G-Antennen Europas.

Unten im Hof: ein weißer VW-Bus. Heute, wie an vielen anderen Tagen, der Arbeitsplatz von Tomáš Kašparec und seinem Kollegen Lukáš Kratochvíl. Die beiden Ingenieure testen hier 5G New Radio (5G NR) – den Mobilfunkanteil des neuen Kommunikationsstandards 5G. Während das 5G-Netz in der Hauptstadt noch vervollständigt wird, sind bereits an fünf Standorten mit 15 aktivierten Antennen Feldversuche im Gang. Die Vorbereitung und Inbetriebnahme der Standorte sind das Ergebnis monatelanger intensiver Arbeit von vielen Kollegen der Telekom und des 5G-Geräteanbieters Huawei.

Es sind die ersten 5G-Antennen in Europa, die live funken, und zwar mit höherem Durchsatz und geringerer Netzverzögerung, der sogenannten Latenz. Jeder Sendemast deckt drei Funkzellen mit 64 Sendern/Empfängern ab. Jeder von ihnen trägt drei kleinere Antennen, insgesamt also 192. Diese sind in einem Kasten am Sendemast untergebracht. Mit Hilfe modernster Antennentechnik werden mehrere so genannte Funkleitstrahlen erzeugt, die sich automatisch gezielt auf die einzelnen Nutzer und Fahrzeuge in den Zellen richten und nicht willkürlich über die gesamte Zelle verteilt werden. Das Netz der Zukunft ist flexibel, schlau und effizienter.

Tests aus Kundensicht

Die Schiebetüren des Busses sind geöffnet. Tomáš Kašparec und Lukáš Kratochvíl beobachten die Monitore und Geräte im Innenraum, drücken Schalter. Daneben wartet schon der 5G-Endgeräteprototyp von Huawei auf seinen Einsatz. Konkret heißt es „Test CPE“ (Customer Premises Equipment, dt.: Gerät am Kundenstandort). Es ist walzenförmig und hat noch ungefähr das Format einer großen Wasserflasche. Dabei bietet es noch nichts, was Kunden damit machen könnten. Aber es funkt im 5G-Netz. Die Ingenieure bereiten einen Versuch vor. „Wir testen das Netz aus Kundensicht. Und in normaler Umgebung, also in den Straßenschluchten einer Großstadt“, sagt Kašparec.

Heute messen sie, wie eine Funkzelle mit massenhaftem „Uplink“ klarkommt. Also wenn viele Menschen gleichzeitig etwas hochladen. Schließlich entstehen dabei Interferenzen, also gegenseitige Störungen. Dabei spielt ein Generator im VW-Bus die entscheidende Rolle: Er stört die Funkzelle auf Knopfdruck mit eben solchen Interferenzen. Später wird Tomáš Kašparec rausfahren und messen, wie sich das auf die Geschwindigkeit für den Kunden auswirken würde. Aber bis es so weit ist, feilen die Kollegen an Parametern in den Messprogrammen: „Die Vorbereitungen dauern oft Stunden. Die Messung an sich manchmal nur Minuten“, sagt er lächelnd.

Während die beiden Ingenieure die Geräte einstellen, kommen auch Techniker des Netzausrüsters Huawei hinzu. Es ist ihre Hardware, die hier auf den Prüfstand kommt, und auch ihr Messprogramm. Einer der Kollegen bietet Kaffee an. Nun ist Tschechisch zu hören genauso wie Chinesisch und Englisch. Alle Augen sind auf die Geräte gerichtet.

 Länderübergreifende Zusammenarbeit

Die Spannung ist spürbar. Alles soll klappen. Für die Messergebnisse gibt es keinen Vergleich – außer mit der Leistung von LTE. Die Daten, die Tomáš Kašparec und Lukáš Kratochvíl aus Kundensicht liefern, werden wohl den Unterschied zu LTE bestätigen. Tun sie das nicht, wird Huawei darüber informiert, was verbessert werden muss. Das gewährleistet, dass 5G tatsächlich das bietet, was dem Kunden versprochen wird.

Die Tests werden im Rahmen des so genannten „5G:haus“ durchgeführt. Diese Telekom-Initiative fördert gemeinsam mit führenden Partnern der Industrie die 5G-Innovationen. In diesem Fall führen die Ingenieure eine Leistungsbeurteilung des 5G-NR-Einsatzes in unserer Live-Umgebung aus Kundensicht durch – hinsichtlich Netzabdeckung, Kapazität, Benutzererfahrung und Mobilität. Die Ergebnisse werden dann den Technik-Bereichen der Deutschen Telekom zur Verfügung gestellt, damit die Prüfungen nicht von jeder Landesgesellschaft wiederholt werden müssen. Ein hervorragendes Beispiel für die länderübergreifende Zusammenarbeit im Konzern.

Tomáš Kašparec war nach seinem Radiotechnik-Studium neun Jahre in Nokias Netzausrüstersparte tätig. 2015 kam er in Prag zur Deutschen Telekom. Seine Erfahrung auf Herstellerseite kommt ihm nun zugute. Täglich arbeitet er mit Fachleuten dieser Unternehmen zusammen.

Etwas ganz Neues gestalten

Dann ist es so weit. Die Technik steht. Kašparec nimmt Laptop und CPE mit zu einem Kombi, der draußen auf der Straße parkt. Das Test-CPE befestigt er sorgsam auf der Rückbank und verbindet es mit dem Rechner. Er sucht sich in Schöneberg, inmitten einer 5G-Funkzelle, einen freien Parkplatz. Dann gibt er das Kommando Richtung VW-Bus in der Winterfeldtstraße. Kratochvíl startet den Generator mit den Interferenzen, Kašparec den Upload von Daten. Alles läuft reibungslos. Der Ingenieur sieht die Upload-Geschwindigkeit auf dem Laptop.

Zurück im nun sonnigen Innenhof der Winterfeldtstraße ist Tomáš Kašparec anzusehen, dass er mit dem Versuch zufrieden ist. Es ist einer von vielen besonderen Momenten des Teams. Später wird er die Ergebnisse im Projekt vorstellen. Was ihren Job ausmacht? Da müssen die beiden nicht lange überlegen. „Wir haben hier die Chance, etwas ganz Neues zu gestalten“, sagt Kašparec. „Alles, was wir hier machen, ist immer das erste Mal. Das ist schon manchmal ein komisches Gefühl. Dabei lernen wir jeden Tag dazu.“

Bildmontage zeigt verschiedene 5G-Anwendungsbereiche für Auto, Maschinen und Drohnen.

5G

Das unterscheidet den neuen Kommunikationsstandard von vorherigen Mobilfunkgenerationen.

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