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Verena Fulde

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Sind wir alle Marionetten von Facebook & Co?

Tristan Harris ist so etwas wie das Gewissen des Silicon Valleys. Als Produkt-Designer bei Google war er Teil dieser Plattform-Industrie. Dabei erkannte er, dass Firmen wie Google, Facebook oder YouTube uns im wahrsten Sinne des Wortes kapern und entmenschlichen. Und, dass das eine Gefahr für die Demokratie sei. 

Tristan Harris

Tristan Harris, ehemaliger Design-Ethiker bei Google und Mitbegründer des Center for Humane Technology. © David Payr

„Ein Supercomputer, der direkt auf das Gehirn von zwei Milliarden Menschen gerichtet ist“, fasst Tristan Harris, Co-Founder des Center for Humane Technology, in unserem Interview seine Analyse zusammen. Und meint damit, dass Programmierer von Google, Facebook oder YouTube gekonnt mit unseren psychologischen Schwachstellen spielen. Sie wollen unsere Aufmerksamkeit möglichst lange fesseln. Mit dem Ziel, uns so viel Werbung wie möglich zu verkaufen. Harris bezeichnet das als „Attention Economy“ (Aufmerksamkeits-Ökonomie) und spricht in diesem Zusammenhang auch gerne von „digitalen Frankensteinen“.

Nun könnten wir sagen „Mir egal. Meist passt die Werbung sowieso nicht zu meinen Vorlieben und ich ignoriere sie.“ Doch der Kern des Problems liegt woanders. Die Mechanismen unseres Gehirns und unserer instinktiven Verhaltensweisen haben sich seit der Steinzeit kaum verändert. Je ungewöhnlicher, lauter und bunter uns etwas präsentiert wird, desto faszinierter sind wir und wollen mehr davon. Dies nutzen die Produkt-Designer aus. 

Inhalte im Netz werden uns immer marktschreierischer dargeboten. Es gibt nur noch Schwarz oder Weiß, alle Nuancen verschwinden. Wir erhalten nur noch einen Ausschnitt der Realität. Welchen, das entscheiden die Plattformen. Gleichzeitig werden uns die Inhalte immer einfacher und leicht konsumierbar präsentiert. Am besten nicht länger als ein Tweet. Und dass, obwohl die Welt immer komplizierter wird. 

„Wir verlieren unsere mentale Souveränität“

Die Demokratie geht vom aufgeklärten und mündigen Bürger aus. Sie fußt auf der Annahme, dass die Menschen frei entscheiden, was gut ist und was nicht. Wenn aber die Wähler immer weniger informiert sind und in ihren Filterblasen leben, wie soll eine Demokratie dann funktionieren? Wenn die Menschen nur noch empfänglich sind für einfache Botschaften, wie kann diese Informiertheit vorausgesetzt werden? Daher warnt Harris: „Wir verlieren unsere mentale Souveränität.“ Und rütteln damit an den Grundfesten unserer Gesellschaft.

Verantwortungsbewusstsein gefragt 

Damit das nicht passiert, plädiert Harris für eine ethische Art der Beeinflussung. Firmen und Programmierer müssten sich ihrer Verantwortung bewusst werden und entsprechend handeln. Sie müssten ihre Ziele mit denen ihrer Nutzer in Einklang bringen. Das Verhältnis der beiden sollte neu gestaltet werden, sodass es dem eines Arztes und seines Patienten ähnele. Es gehe um die beste Behandlung für den Patienten - nicht um die, bei der der Arzt am meisten verdient.

Für diese Neudefinition ist vor allem die Politik gefragt. Das stellt natürlich das Anzeigenmodell insgesamt in Frage. Ich bin gespannt, ob es Tristan Harris gelingt, die Basis der großen US-Firmen erfolgreich zu verändern. Seine Beobachtung und Analyse der Situation ist ebenso einleuchtend und wie handfest. Das trifft auf mögliche Lösungen des Problems noch nicht zu. Hier ist meines Erachtens noch ein weiter Weg zu gehen.

Das vollständige Interview mit Tristan Harris finden Sie hier.

Verena Fulde

Verena Fulde

Pressesprecherin und Telekom Bloggerin

Sind wir Marionetten von Facebook & Co?

Sind wir Marionetten von Facebook & Co?

Soziale Medien manipulieren uns. Wir sind uninformiert und leben in Filterblasen. Der mündige Bürger stirbt aus. 

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