Archiv

Archiv

Konzern

KI schafft Raum für Empathie

Interview mit Thriller-Autor Frank Schätzing.

181015-interview-schaetzing

Herr Schätzing, ganz kurz, wenn Sie den folgenden Satz vervollständigen: Meine größte Hoffnung bei KI ist ...? 
Frank Schätzing:
Dass sie uns so entlastet, dass wir mehr Zeit für das Wesentliche haben, nämlich für unsere Menschlichkeit. 

Und die größte Angst bei KI …?
Frank Schätzing: Dass sie schlauer wird als wir, aber nicht in unserem Sinne handeln wird. 

Wenn sie also ein Selbstbewusstsein entwickeln könnte, diese Maschine, dann hätten Sie Angst, dass sie uns beherrscht oder uns zur Nutze sein wird?
Frank Schätzing: 
Also, wenn eine KI ein Selbstbewusstsein entwickeln würde, dann muss das nicht notwendigerweise schlecht sein. Erst mal gehe ich davon aus, dass wir es schaffen werden, eine KI so zu programmieren, dass wenn sie sich aus sich selbst heraus verbessert, dass sie dann immer mehr zu unserem Vorteil arbeiten wird. Dass sie auf Ideen kommen wird, auf die wir vielleicht selber nicht kämen, um unseren Alltag zu erleichtern, um bessere Krankheitsdiagnosen, bessere Therapien zu entwickeln, unser Finanzsystem besser zu managen. Um in etlichen Bereichen Jobs, die Menschen nicht mehr machen sollten, besser zu sein als wir. Uns das abzunehmen und wenn sie dann irgendwann mal Bewusstsein entwickeln sollte, wovon ich der festen Überzeugung bin, dass das geschehen wird, auch dann ist die Möglichkeit gegeben, dass wir sie so grundprogrammiert haben, dass wir uns mit ihr verständigen können und dass ihre Ziele und Absichten, die sie dann hat, zumindest mit unseren nicht kollidieren. Aber natürlich besteht das Risiko, dass wenn wir diese ferne Vision einer Maschine, die Bewusstsein entwickelt, mal als gegeben betrachten, dass sie dann vielleicht Absichten verfolgt oder Ziele hat, die mit unseren kollidieren. Dann wird es für uns eng, denn dann wird die Maschine mit Sicherheit am längeren Hebel sitzen.

Und wenn wir uns dieses Bild der Zukunft ausmalen  und viele Menschen haben Angst davor  kann das nicht daraus resultieren, dass wir uns als Menschen auch unterschätzen?
Frank Schätzing:
Na, es ist ja so, dass wir als Menschen durchaus in der Lage sind, auf technologischem Gebiet Unvorstellbares zu leisten. Wenn wir uns überlegen, wo wir vor 200 Jahren technologisch standen, vor 100 Jahren, vor 50 Jahren noch, da muss man feststellen, die Entwicklungskurve, der Exponent des Fortschritts, des technologischen Fortschritts wird immer steiler. Wir erschaffen innerhalb kürzester Zeit unvorstellbare Technologien. Das Problem ist, dass wir ihnen aber sozial nicht zu folgen vermögen, also, sie eilen uns voraus, unsere selbst geschaffenen Homunkuli, unsere selbst geschaffenen Erfindungen sind uns im Grunde genommen überlegen. Wir brauchen dann immer so lange, um uns darauf einzustellen und hinterherzuhinken. 

Hinterherhinken, lassen wir uns denn zu viel abnehmen? Werden wir als völlig faule Menschen vor uns hinvegetieren, wenn die KI uns alles abnimmt?
Frank Schätzing:
Nein, man muss einfach feststellen, dass wir heute mit Sicherheit die meistbeschäftigte Gesellschaft sind, die es jemals gab. Ich glaube, es hat nie zuvor in der Geschichte der Menschheit Gesellschaften, Weltgesellschaften gegeben, die so viel gearbeitet haben, von morgens bis abends, bis in die Nacht, wie das bei uns der Fall ist. Und auf der anderen Seite sind wir auch die höchsttechnisierte Gesellschaft, die es jemals gab, das heißt, Technologie erleichtert uns das Leben in mannigfacher Weise. Das führt aber nicht dazu, dass wir deswegen fauler werden und das wird auch in Zukunft nicht der Fall sein, sondern natürlich werden wir mit dem technologischen Fortschritt einhergehend neue Betätigungsfelder für uns entdecken. Wir werden hoffentlich Felder für uns entdecken, die unsere Empathie stärker triggern und fordern, so dass wir mehr Zeit auf die Frage verwenden können, wie wir eigentlich im Interesse von 2050 10 Milliarden Menschen auf dem Planeten agieren können, was wir eigentlich tun müssen als menschliche Wesen, damit es keine Ungleichheit mehr gibt, damit es jedem einigermaßen gut geht. All das wird uns beschäftigt halten und insofern ist künstliche Intelligenz und Technologie sehr zu begrüßen unter den Vorzeichen, uns Arbeit abzunehmen, die uns bislang daran hindert.

Symbolfoto KI

Künstliche Intelligenz - Alles gut, oder was?

Optimisten hoffen, dass KI alle Probleme löst. Pessimisten fürchten, dass KI die Macht übernimmt. Wer hat Recht?

FAQ