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Darum wird das Netz zum Chamäleon

Smarte Mülltonnen, vernetzte Pflastersteine, kommunizierende Autos, ja selbst manche Zahnbürsten suchen heute schon Zugang zum Netz – das Internet der Dinge wird immer umfangreicher. Doch diese Dinge sind ähnlich wie die Menschen keine homogene Nutzergruppe. Auch sie stellen unterschiedliche Anforderungen an die digitale Infrastruktur.

Symbolbild Globale Digitalisierung, Motiv 05

Smarte Mülltonnen, vernetzte Pflastersteine, kommunizierende Autos, ja selbst manche Zahnbürsten suchen heute schon Zugang zum Netz – das Internet der Dinge wird immer umfangreicher.


Für smarte Verkehrsteilnehmer kann die Latenz gar nicht gering genug sein, um auf drohende Gefahrenmomente aufmerksam zu machen, bevor der Mensch sie wahrnehmen kann. Auch in der Telemedizin hängt die Sicherheit von Latenz ab, bei der medizinischen Überwachung von Patienten aus der Ferne.

Grafik Für das Internet der Dinge ist ein Aus- und Umbau der Datennetze nötig.

Für das Internet der Dinge ist ein Aus- und Umbau der Datennetze nötig.

Weniger als ein Wimpernschlag

Bei diesen Szenarien werden Daten per Mobilfunk zuverlässig und mit extrem kurzer Verzögerungszeit (Latenz) übertragen. Man spricht dann von Echtzeitkommunikation. "Echtzeit", das bedeutet beim Mobilfunkstandard LTE Latenzzeiten von unter 100 Millisekunden – weniger, als ein Wimpernschlag.

Mehr Sicherheit für vernetzte Autos

In einem Pilotprojekt für das vernetzte Auto auf der Autobahn A9 zwischen München und Nürnberg ist der Deutschen Telekom, Continental, dem Fraunhofer-Institut ESK und Nokia genau dies gelungen. Dafür machten sie sich das Prinzip des "Mobile Edge Computing" zunutze. Dabei werden die Daten vom Auto nur bis zur nächsten Mobilfunk-Basisstationen gesendet, dort verarbeitet und nicht mehr weiter durch das Netz geschickt. Solche kurzen Signallaufzeiten unter 20 Millisekunden machen bereits heute Sicherheitsfunktionen für das vernetzte Auto möglich.

5G knackt die Millisekunde

2020 soll LTE schrittweise durch den Kommunikationsstandard der nächsten Generation "5G" abgelöst werden. Da bis dahin Festnetz und Mobilfunknetze untrennbar zu einer neuartigen Netzarchitektur zusammengewachsen sind, wird man dabei nicht mehr von einem Mobilfunkstandard sprechen. 5G kann Reaktionszeiten von unter einer Millisekunde ermöglichen. Das hat die Deutsche Telekom bereits zum Jahresbeginn 2016 mit dem weltweit ersten Ende-zu-Ende-System unter Beweis gestellt.

Innovationslabor "5G:haus"

Im Innovationslabor "5G:haus" testet das Unternehmen mögliche Technologien für diese kommende Generation zusammen mit vielen Partnern. Das Ziel ist ein globaler 5G-Standard, der die Vorzüge von LTE situationsabhängig noch einmal überflügeln können wird: mit einer 1000-fach höheren Kapazität, einer 10-fach höheren Übertragungsgeschwindigkeit oder eben einer 10-fach geringeren Latenzzeit.

Virtualisierung ist der Schlüssel

Es sind jedoch nicht diese Zahlen, die den Unterschied ausmachen – das ausschlaggebende Unterscheidungsmerkmal der 5G-Ära wird die Fähigkeit sein, über virtuelle Netzabschnitte unterschiedlichste Bedürfnisse mit ein und derselben Infrastruktur effizient und zuverlässig befriedigen zu können. Wie das funktioniert, zeigte das 5G:haus eben mit jenem voll funktionsfähigen Ende-zu-Ende-5G-System. Es nutzt Virtualisierungs-Technologie, um das Kern-Netz und den mobilen Zugang komplett programmierbar und damit agil zu machen.

Das Netz ist wie ein Chamäleon

Dadurch laufen auf derselben Infrastruktur parallel mehrere virtuelle Netze nach dem Prinzip des Network Slicing. Dieses gibt vor, welche Topologie, Protokolle und Netzressourcen genutzt werden sollen. So kann zum Beispiel der eine virtuelle Netzabschnitt Echtzeit-Kommunikation garantieren, während der andere mit derselben Infrastruktur große Datenmengen in Rekordzeit überträgt. Das Netz ändert so wie ein Chamäleon seine Eigenschaften.

Erste 5G-Dienste ab 2020

Das weltweite Standardisierungs-Gremium "3rd Generation Partnership Project" (3GPP) hat in diesem Jahr begonnen, die neuen Technologien für den Funkzugang sowie ein zugangsunabhängiges und hochflexibles Kern-Netz zu definieren. Ab 2020 wird die Deutsche Telekom die ersten 5G-Dienste offiziell anbieten.

Auch Energie sparen im Fokus

Während das vernetzte Auto diese schnellen Signallaufzeiten für mehr Sicherheit benötigt, muss der vernetzte Parkplatz eher möglichst lange durchhalten, um effizient zu sein. Das gilt auch für Smart Metering, wo zudem die Mobilfunkanbindung nicht in jedem Fall möglich ist. Gas- und Wasserzähler sind in der Regel in Kellern angebracht, wo Wände aus Stein und Beton Funksignale vor Herausforderungen stellen. Ein Funkmodul mit hoher Gebäudedurchdringung und langem Atem muss her - möglichst ohne externe Stromversorgung. Denn wer will schon ständig die Batterie am Zähler wechseln? Deshalb werden batteriebetriebene, vernetzte "Dinge" künftig auf die neue Funktechnologie "Narrow Band Internet of Things" (NB-IoT) setzen.

Preiswerte Funkmodule

NB-IoT empfiehlt sich grundsätzlich überall dort, wo eine große Reichweite und ein niedriger Energieverbrauch sowie geringe Kosten gefragt sind. "Mit einer Reichweite von mehr als zehn Kilometern eignet sich NB-IoT auch für das Tracking von Containern oder die Überwachung von Nutztieren in der Landwirtschaft", sagt Alexander Lautz, bei der Telekom zuständig für Maschinen-zu-Maschinen-Kommunikation (M2M). Die Funkmodule können zudem sehr preiswert produziert werden.

Standardisierung steht vor dem Abschluss

Nach der Entwicklung der Technik steht die Deutsche Telekom jetzt kurz vor deren Umsetzung: Nach einem sehr erfolgreichen Test im Herbst 2015 arbeitet das Unternehmen im Rahmen der 3GPP-Initiative federführend an der Standardisierung. Anschließend wird es NB-IoT flächendeckend einsetzen. Im Jahr 2024 werden fast 14 Prozent der M2M-Kommunikationsverbindungen eine solche Technologie nutzen, schätzt das Marktforschungsunternehmen Machina Research.

Leistungsfähiges Backbone

Das Internet der Dinge benötigt außerdem hohe Performance im Weitverkehrsnetz (WAN), um etwa Daten zwischen vernetzten "Dingen" und der Cloud zu transportieren. Deswegen trägt unter anderem der Breitbandausbau einen wichtigen Teil dazu bei, das Festnetz zukunftsfähig zu machen. Im Jahr 2015 hat die Telekom 10.000 Kilometer Glasfaser in Deutschland verlegt. Zum Vergleich: Das entspricht der Strecke von Berlin bis zum brasilianischen Rio de Janeiro. Die Netztechnologie Vectoring sorgt für eine schnelle Datenübertragung beim Teilnehmeranschluss – also auf dem letzten Stück Netz bis ins Haus oder zum Werksstandort. Mit Vectoring lassen sich mittlerweile auf bestehenden Kupferleitungen Übertragungsraten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde im Download und 40 im Upload erreichen – doppelt so viel, wie noch vor ein paar Jahren.

25 Milliarden vernetzte Dinge

Heute sind nach Angaben des Beratungsunternehmens Gartner bereits 6,4 Milliarden "Dinge" miteinander vernetzt. 2020 sollen es schon mehr als 25 Milliarden sein. Damit würde es fast dreimal so viele kommunizierende Maschinen und Geräte geben wie Menschen.

Datenberge bis zum Mond

Mit der Anzahl der vernetzten Dinge steigt auch die Datenmenge, die diese senden und empfangen: laut US-Netzwerkkonzern Cisco von heute 89 Exabyte im Monat auf 194 in 2020. Zum Vergleich: Würde man diese Daten auf DVDs brennen und die Hüllen aufeinander legen, reichte der Stapel etwa bis zum Mond. Um solche Datenmassen in die Cloud und zurück zu transportieren, braucht es leistungsstarke Kommunikationsnetze. Deshalb setzt die Deutsche Telekom alles daran, dass ihr Netz den künftigen Herausforderungen durch das Internet der Dinge gewachsen ist.

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