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Nicolas Hanisch

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Radikalisierung im Gaming – ein echtes Problem?

Menschenverachtende Hetze und verfassungsfeindliche Symbole im Gaming, die als Spaß getarnt werden – wenn es zum Thema Radikalisierung über Gaming-Plattformen kommt, fühlen sich viele Gamer*innen unter Generalverdacht gestellt und trivialisieren das Problem. Zurecht?

Junger Mann beim Spielen am Computer.

Eine Bedrohung durch eine fremde Macht, Kampf um Leben und Tod, Kriegsästhetik. Alles das sind zentrale Elemente vieler Computerspiele.

Eine Bedrohung durch eine fremde Macht, Kampf um Leben und Tod, Kriegsästhetik. Alles das sind zentrale Elemente vieler Computerspiele, insbesondere von Ego-Shootern. Ego-Shooter sind Spiele, bei denen man aus der Ich-Perspektive mit diversen Waffen Feinde töten oder abschießen muss. Zugleich können sie aber auch Nährboden für Propaganda sein. Rechtsextreme Gruppen haben das Potenzial von Games und deren Communities längst erkannt. Sie nutzen sie, um ihre Ideologien zu verbreiten und neue Anhänger*innen zu rekrutieren.

Die Grenze des Sagbaren ausdehnen

Häufig beginnt es mit unverfänglichen Aussagen in Foren oder Kommentarspalten. Indem Gamer*innen hier andocken, werden erste Verbrüderungseffekte erzielt. Ist ein Gemeinschaftsgefühl erst einmal hergestellt, werden die Inhalte zunehmend extremer. Auf homophobe “Witzeleien” folgen rassistische, antisemitische oder andere diskriminierende Äußerungen, oft getarnt mit Ironie oder Satire. 

Jan-Paul Koopmann, Redakteur bei der taz und einer der Autoren des Buches “Rechte Ego Shooter. Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat”, erklärt: “Mackersprüche und Gewaltverherrlichung müssen anfangs überhaupt nicht ernst gemeint sein – hier und da vielleicht sogar kritisch-ironisch – und bewirken trotzdem, die Grenzen des Sagbaren auszudehnen.” Es gehe darum, auszutesten, was starke Reaktionen hervorruft. Chats vereinfachen diesen Auslotungsprozess. “Alles passiert ‘im Eifer des Gefechts’, wird in der Regel nicht dokumentiert und ist bei Spielenden längst wieder vergessen.” Worte sind Beiwerk, der Fokus liegt auf dem Spiel. Und genau das ist die Gefahr: Diskriminierende Aussagen werden nicht wahrgenommen oder sogar ignoriert, um im Spielgeschehen zu bleiben.

Anschließend verlagert sich der Austausch oft auf wenig regulierte Plattformen wie Discord oder Telegram. Das zeigt der Fall „Reconquista Germanica“. Unter diesem Namen schlossen sich Rechtsradikale auf Discord zusammen. Ihr Ziel: Beiträge Gleichgesinnter in den sozialen Medien unterstützen, „Gegner“ provozieren und schwächen. Sie nutzten die Games-Logik für ihre Aktionen: Für Hasskommentare gab es Punkte bis hin zu einem Aufstieg in der militärisch angelegten Rangordnung. 

Ein echtes Problem oder zu vernachlässigen?

Klar ist: Rechtsextreme sind auf Gaming-Plattformen eine Minderheit - aber eine laute. Während andere gesellschaftliche Bereiche bereits Abwehrmechanismen entwickelt haben und sich von rechtsextremen Strömungen klar distanzieren, gibt es unter den Gamer*innen Tendenzen, rechtsextreme Foren, Kommentare, Bilder und Spielernamen zu trivialisieren. Der überwiegende Teil von ihnen möchte einfach nur zocken und ist genervt von Debatten um „Killerspiele“ und Radikalisierung.
Das führt umso mehr dazu, dass extremistische Gruppierungen leichtes Spiel haben und selten mit Konsequenzen rechnen müssen. Denn im Gegensatz zu den klassischen sozialen Medien sind die Gaming-Plattformen nicht vom Netzwerkdurchsetzungsgesetz abgedeckt und werden wenig moderiert. 

Für mehr Vielfalt im Gaming

Nicht jede Gaming-Community wird nun aber automatisch zum Einfallstor für rechten Hass. Immer mehr Publisher und Plattformen sanktionieren diskriminierende Inhalte und sperren Spieler*innen. Es gibt zudem Gegenbewegungen, die gezielt antirassistisch, feministisch oder LGBTQ-freundlich auftreten. Initiativen wie „Good Gaming – Well Played Democracy“ oder „Hier spielt Vielfalt” setzen wichtige Zeichen für Vielfalt und gegen Ausgrenzung und rechtsextreme Radikalisierung im Gaming. Aus der Gaming-Branche heraus und gemeinsam mit Gaming Communities werden sie aktiv, um genau die Abwehrmechanismen zu fördern, die in anderen Bereichen zur Normalität geworden sind – Haltung annehmen, Grenzen setzen, Zivilcourage zeigen. Damit Gaming-Plattformen das bleiben, was sie für die allermeisten Gamer*innen sind: Spaß, Freizeitvergnügen und Austausch mit Anderen.

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Gegen Hass im Netz

Die Telekom kämpft für ein Netz ohne Hass, in dem alle respektvoll miteinander umgehen.

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