Archiv

Archiv

Blog.Telekom

Andreas Middel

0 Kommentare

Autoindustrie geht offroad

Das Motto des Gipfeltreffens in Berlin war ambitioniert. Über zwei Tage sollten die mehr als 400 Vertreter der Automobilindustrie über nichts weniger diskutieren als „Die Zukunft der Autobranche“.

Die Automobilwoche, die große Zeitschrift für die gesamte Branche, hatte zu ihrem 10. Kongress eingeladen, in die Hauptstadtrepräsentanz  der Deutschen Telekom. Beim Jubiläums-Treffen ging es vor allem um den gravierenden Paradigmenwechsel, dem sich die Autoindustrie durch die Digitalisierung ausgesetzt sieht. Daimler-Chef Dieter Zetsche mahnte in Berlin, die Automobilindustrie müsse vertraute Pfade verlassen, neue Geschäftsfelder erschließen – also offroad gehen.

20161121_Video_Autoindustrie-geht-offroad

Dass die Digitalisierung die Branche vor große Herausforderungen stellt, war beim zweitägigen Kongress in Berlin unumstritten, allerdings gab es unterschiedliche Einschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen.

Werden Autohersteller zu Mobilitätsdienstleistern? Oder werden Konnektivitätsgiganten wie Google die klassische Automobilindustrie verdrängen? Für die Vertreter der Autoindustrie ist zweiteres nicht denkbar, allerdings gab es vereinzelt kritische Stimmen.

„Die Digital- oder Mobilitätsindustrie hat sich in den vergangenen fünf Jahren stärker verändert als die gesamte Automobilindustrie in den letzten 120 Jahren“, sagte Alain Visser, globaler Marketing-Chef des chinesischen Autoherstellers Geely, der spätestens seit der Übernahme von Volvo auch in Europa ein Begriff ist. Hat die Branche den Wandel verschlafen, die grundlegende Neuausrichtung zu spät und unbeherzt in Angriff genommen. Droht ihr das Schicksal, wegdigitalisiert zu werden? Wird das Auto letztlich zum Smartphone auf Rädern?

Eher nicht, wenn man den zahlreichen Vorständen aus der Auto- und Zulieferindustrie  zuhörte. Nur ein paar nackte Zahlen untermauern die Bedeutung der Branche: Jährlich werden weltweit rund 80 Millionen Fahrzeuge produziert, jede Stunde etwa 1000 Autos verkauft. Bei einem Durchschnittspreis von etwa 19 000 Dollar pro Fahrzeug ergibt sich weltweit ein jährlicher Umsatz von mehr als 1500 Milliarden Dollar. Ein solcher Markt wird durch die Digitalisierung nicht verschwinden, sagte der Herausgeber der Automobilwoche, Helmut Kluger. Und er verwies in diesem Zusammenhang auf das Durchschnittsalter des deutschen Autokäufers. „Er gehört mit 52 Jahren nicht gerade zu den early adopters“, ist also für Neuerungen aus dem Silicon Valley nicht ganz so anfällig.

Dennoch:  Die ganze Branche ist in Bewegung, sagte Zetsche. Und das nicht nur wegen neuer Elektroantriebe, die Reichweiten von 400 oder 500 km jetzt möglich machen.

Opel-Chef Karl-Thomas Neumann nannte noch drei weitere dramatische Veränderungen für die gesamte Autoindustrie: Alle Fahrzeuge sind in naher Zukunft vernetzt, die individuelle Mobilität erfordert künftig kein eigenes Auto mehr. Und der künftige Taximarkt wird von Robotertechnik beherrscht sein.

Es entsteht also ein vollkommen neues Ökosystem rund um die Mobilität. Für T-Systems-Chef Reinhard Clemens geht es vorrangig darum, alle Verkehrs- und Transportleistungen zu vernetzen. „Ohne Hochleistungsnetzwerke werden wir die Digitalisierung und Vernetzung nicht erleben. Und das findet nicht im Auto, sondern außerhalb des Autos statt.

Das Auto wird Teil eines vernetzten Ökosystems." Wichtig hierfür sind Latenzzeiten von 3 Millisekunden, damit die Insassen in vernetzten Fahrzeugen ruckelfrei streamen können, aber auch, um sicherheitskritische Informationen für eine unfallfreie Fahrt zwischen dem Auto und der Infrastruktur auszutauschen.

 Auch die lange in der Industrie kontrovers diskutierte Frage, wem die aus der Digitalisierung entstandenen Daten gehören, hält Clemens für überholt: „Die Daten gehören dem Kunden“. Und sie müssen zu seinem Nutzen eingesetzt werden.

Erstmals wurde auf dem Jubiläums-Kongress der Automobilwoche auch das neue Whitepaper von T-Systems „IT-Sicherheit für das vernetzte Fahrzeug“ präsentiert.

FAQ