Konzerne im Wandel: Ran an die DNA
Sehr beliebt in Zeiten massiver Umbrüche: Jeder zeigt auf Jeden und gibt kluge Ratschläge, wie sich die Digitalisierung meistern lässt. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Gerade in Konzernen scheinen Kultur, Prozesse und IT dem digitalen Wandel im Weg zu stehen.
Kennen Sie den Top-Downosaurus? Noch nie davon gehört? Den gibt es aber schon Jahrhunderte. Im Grunde, seit es große Unternehmen und Behörden gibt. Eine Spezies, die sich wacker hält, die einfach nicht aussterben will. Den Top-Downosaurus habe ich nicht selbst erfunden. Entdeckt habe ich ihn in einem Beitrag von Andreas Winiarski von Earlybird und Oliver Libuda von Boston Consulting auf Welt.de. Sie beschäftigten sich damit, warum sich Konzerne so schwer damit tun, mit der Geschwindigkeit junger, meist digitaler und erfolgreicher Newcomer Schritt zu halten. Ihre These: „Iteration schlägt Perfektion und Tradition.“ Ihre Quintessenz: In der Old Economy bremst die zermürbende Schrittgeschwindigkeit selbst die innovativsten Ideen und Mitarbeiter aus.
Traumland Silicon Valley
Genau so sehe ich das auch: In der Tat sind Konzerne noch sehr geprägt von Hierarchien und lähmenden komplexen Prozessen. Dabei spüren selbst die Manager in den Konzernen, dass sich etwas verändern muss. Und weil sie die anscheinende Leichtigkeit der digitalen Champions so sehr bewundern, fahren sie mit großen Abordnungen ins Silicon Valley, um sich von der besonderen Kultur im digitalen Traumland inspirieren zu lassen. Wo alles so cool ist, so ganz anders. Endlich können sie für ein paar Tage sie selbst sein und so arbeiten, wie sie es so gern in ihren eigenen Unternehmen tun würden. Und was machen sie, weil es doch nicht so einfach ist, dieses besondere Gefühl von Freiheit und Abenteuer in die Tasche zu packen und mit nach Hause zu nehmen? Sie starten eine Start-up-Initiative nach der anderen. Denn Start-ups sind für Konzerne so etwas wie Aspirin und Voltaren zusammen: Sie unterdrücken den Schmerz, nicht so sein zu können, wie diese jung-dynamischen Gründer auf der grünen Wiese. Aber solche Medikamente lindern nur die Symptome – sie heilen sie nicht.
Bottom-up und agil ersetzt Top-down
Aber es tut sich was in den Konzernen. Nicht ganz freiwillig, aber dafür umso dynamischer. Eher so wie in Goethes Gedicht vom Fischer: Halb zog sie ihn, halb sank er hin. Sie ist in diesem Fall allerdings nicht die feuchte Versuchung aus dem Wasser, sondern die Digitalisierung. Und damit es nicht – wie beim deutschen Dichterfürsten – später heißt: „Da war's um ihn geschehn … Und ward nicht mehr gesehn“, müssen Konzerne sich verändern. Und dies teilweise sehr tiefgreifend. Denn digitale Transformation ist nicht in erster Linie eine Frage von Technologie und IT, sie bedeutet, Prozesse, Organisation und Kultur im Unternehmen auf den Kopf zu stellen. Nicht mehr Top-down zu denken und zu handeln, sondern Bottom-up. Oder noch besser: Agil.
Steter Wandel schützt vor Niedergang
Schreibt sich viel leichter, als es sich umsetzen lässt. Aber der Schritt zu mehr Agilität, höherem Tempo und weniger Hierarchie ist unumgänglich. Denn jede Branche wird sich massiv verändern. Völlig neue Wettbewerber kommen auf den Markt. Zugegeben: Manchmal wird es Jahre dauern, bis die Vertreter der Old Economy entweder ausgeschaltet oder einverleibt sind. Manchmal aber verschwinden Traditionsunternehmen im Eiltempo von der Landkarte. Wer aus der Generation der „Digital Natives“ kennt noch Neckermann, Kodak oder Commodore? Alles erfolgreiche Riesen, die den Wandel nicht überlebt haben.
Das Beste aus der Old und New Economy
Aber es gibt auch positive Beispiele, die am Abgrund standen und durch massiven Wandel noch gerade so von der Schippe gesprungen sind. Und da sind durchaus namhafte Traditionsunternehmen dabei wie Linde, Junghans oder Vorwerk. Und manche Old-Economy-Vertreter stecken mitten im Umbruch. Etwa Vissmann oder Daimler, die sich sogar Start-ups als Vorbilder nehmen. So sagt Daimler-Chef Dieter Zetsche: „Wir werden Schritt für Schritt eine neue Innovationskultur bei Daimler etablieren. Nur so können wir die Stärken eines Weltkonzerns noch enger mit den Stärken eines Start-Ups verknüpfen."
Auch die Telekom transformiert sich digital
Eine Aussage, die zeigt, worauf es aus meiner Sicht auch ankommt, wenn sich große Organisationen auf den Weg in die Digitale Transformation begeben: Führungskultur und Organisationsstruktur müssen sich grundlegend wandeln, wenn diese lange und Kräfte zehrende Reise von Erfolg gekrönt sein soll.
Manchmal werde ich gefragt, warum sich die Telekom digitalisieren müsse? Ihre DNA sei doch quasi durch ihre Produkte und Lösungen Wegbereiter der Digitalisierung – und dadurch automatisch auch digital. Stimmt, wenn wir nur auf unser Angebot schauen. Unsere Netze, die Cloud-Services, die IT-Sicherheit: Sie sind für unsere Kunden die technische Basis, sich zu digitalisieren. Aber unsere Kultur, unsere Organisation und Prozesse, und teilweise unsere IT gleichen noch eher dem typischen Bild eines Konzerns auf dem Sprung in die digitale Transformation. Auch wir müssen uns noch stärker wandeln – weg von einer hierarchisch strukturierten Organisation hin zu einem agilen Konzern, der schnell und flexibel agiert und mit dem zunehmenden Tempo in der Wirtschaft mithalten kann. Vielleicht sogar noch stärker als bisher Taktgeber in unserer Branche ist.
Interne Consultants treiben den Wandel
Und genau daran arbeiten wir als interne Consultants im Center for Strategic Projects. Treiben den Wandel in unserem Konzern mit strategischen Projekten voran. Eine spannende Aufgabe, da wir gewissermaßen im Zentrum des Sturms agieren können. Mit Projekten, die wesentlich zur Zukunft der Deutschen Telekom beitragen. Und dazu beitragen, unsere DNA fit zu machen für das nächste Jahrzehnt.
Wie die interne Beratung die Unternehmenskultur verändert, lesen Sie in meinem nächsten Blogbeitrag.