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Nadja Kirchhof

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HateAid: “Wir wollen Menschen im Netz ihre Würde zurückgeben.”

Hass und Hetze im Netz bedrohen Meinungsfreiheit und Demokratie. Die gemeinnützige Organisation HateAid ist ein Partner der Initiative “Gegen Hass im Netz”. Sie berät Betroffene von Hate Speech und setzt sich für eine konsequente Strafverfolgung und Menschenrechte im Netz ein. Die Gründerin Anna-Lena von Hodenberg erklärt im Interview, wie HateAid vorgeht, um das Netz zu einem sicheren Ort für alle zu machen. 

HateAid wurde 2018 von Anna-Lena von Hodenberg, Campact e.V., Fearless Democracy e.V. und einem Juristen gegründet. Die gemeinnützige Organisation engagiert sich auf gesellschaftlicher und politischer Ebene gegen digitale Gewalt. Sie unterstützt Betroffene von der Erstberatung bis hin zur Finanzierung von Prozesskosten

Anna-Lena von Hodenberg, Gründerin von HateAid.

Anna-Lena von Hodenberg, Gründerin von HateAid: „Was wir brauchen, ist eine digital aufgeklärte Bevölkerung, die gegenüber den großen Plattformen um ihre Rechte weiß und für sie eintritt.“ © HateAid

Um Straftäter*innen im Netz zur Rechenschaft zu ziehen, betreibt HateAid umfangreiche Aufklärungsarbeit. Verfahren wegen Beleidigung, Bedrohung oder Verleumdung werden zu oft eingestellt, da die Verfolgung vermeintlich nicht im öffentlichen Interesse sei. Das ist ein Problem: Betroffenen bleibt dann meist nur die Option, zivilrechtlich gegen den Hass vorzugehen. Aber digitale Gewalt ist keine Privatsache: “Wenn ich Sie am Gartenzaun beleidige, wissen Sie und ich davon – und vielleicht noch eine Person, die zufällig an uns vorbeikommt. Mache ich dasselbe aber im Internet, lesen es potenziell Tausende Menschen, auch Ihre Kinder oder Ihr Arbeitgeber,” betont Anna-Lena von Hodenberg.

Das Netz ist kein rechtsfreier Raum – aber die Rechtsdurchsetzung ist schwierig

Jeden Tag werden Menschen auf den sozialen Medien angegriffen und öffentlich an den Pranger gestellt. Das passiert vor allem Menschen, die sich für unsere Demokratie einsetzen, wie Kommunalpolitiker*innen, Journalist*innen oder Aktivist*innen. Außerdem ist Diskriminierung Alltag: Hass gegen Jüd*innen, LGBTQIA+, Frauen und andere marginalisierte Gruppen durchzieht die Kommentarspalten. Viele Kommentare sind illegal, doch kaum Täter*innen werden dafür zur Rechenschaft gezogen. HateAid engagiert sich dafür, dass sich das ändert. Mit Blick auf das von der Bundesregierung geplante Gesetz gegen digitale Gewalt setzt sich HateAid dafür ein, dass u. a. der Auskunftsanspruch erweitert wird, damit Täter*innen leichter identifiziert werden können und Betroffene Gerechtigkeit erfahren. Denn selbst spezialisierten Staatsanwaltschaften gelingt es nur in einem kleinen Teil der Fälle, die Täter*innen überhaupt zu identifizieren. Das muss sich ändern. Darum arbeitet HateAid eng mit Polizei und Staatsanwaltschaften zusammen, macht Gesetzesvorschläge und sensibilisiert in Vorträgen und Schulungen für das Thema digitale Gewalt. 

Härtere Strafen sind aus Sicht der HateAid-Gründerin nicht nötig: „Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Ob Beleidigung, Bedrohung, Nötigung oder Volksverhetzung – es gibt bereits zahlreiche Gesetze, die auch im digitalen Raum gelten. Wir brauchen Polizeien, Staatsanwaltschaften und Gerichte, die die Kompetenz und Mittel haben, das auch durchzusetzen.” 

Gruppenbild

Vielen Nutzer*innen ist noch immer nicht bewusst, dass Hassrede und gewalttätige Handlungen strafbar sind. HateAid arbeitet daran, das Netz zu einem sicheren Ort zu machen. Jede einzelne Person kann einen Beitrag leisten.

Warum sich HateAid selbst abschaffen will

Vielen Nutzer*innen ist noch immer nicht bewusst, dass Hassrede und gewalttätige Handlungen auch auf Twitter, Facebook und Co. strafbar sind. Sie erleben zu selten, dass die Verbreitung von Hass Konsequenzen hat. Deshalb arbeitet HateAid daran, das Netz zu einem sicheren Ort zu machen. Aber auch jede einzelne Person kann einen Beitrag leisten.

Davon ist Anna-Lena von Hodenberg überzeugt: „Was wir brauchen, ist eine digital aufgeklärte Bevölkerung, die gegenüber den großen Plattformen um ihre Rechte weiß und für sie eintritt. Die es als Teil der digitalen Zivilcourage versteht, für Menschen einzustehen, die online attackiert werden. Denn wenn Personen online beleidigt, bedroht und gezielt aus dem öffentlichen Diskurs herausgedrängt werden, ist das eine Gefahr für die Demokratie. Das geht uns alle etwas an, die gesamte Gesellschaft.”  

Das Ziel von HateAid sei erst dann erreicht, wenn die Organisation überflüssig ist, erklärt die Gründerin: „Wenn Hass im Netz nicht zu-, sondern abnimmt. Wenn die Polizei Betroffene ernst nimmt und Staatsanwaltschaften Verfahren nicht mangels öffentlichen Interesses einstellen. Wenn die Plattformen mit den Behörden kooperieren. Wenn Täter*innen häufiger zur Verantwortung gezogen werden. Wenn die Algorithmen der Plattformen Hasskommentare nicht mehr begünstigen. Und wenn wir alle ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass wir den digitalen Raum selbst gestalten und Veränderungen einfordern können. Dann haben wir unser Ziel erreicht.” 

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Gegen Hass im Netz

Die Telekom kämpft für ein Netz ohne Hass, in dem alle respektvoll miteinander umgehen.

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