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Blog.Telekom

Pia Habel

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Die Vermischung der Welten

VR-Brille

Einst völlig absurd Geglaubtes wird Wirklichkeit. Nun ist es ja so, dass uns Smartphones, 3D-Fernseher, X-Boxen und Playstations bereits seit Jahren aus dem Hier und Jetzt entführen. 

Oft vergessen wir, was um uns herum passiert und tauchen ein in die Weiten der Computerbilder. Die Realität verschwindet, die Virtualität taucht vor unseren Augen auf. Das erwachsene Gehirn weiß, dass das so ist und kann das eine vom anderen unterscheiden. Was aber passiert, wenn wir Brillen auf unseren Nasen haben, die beides vermischen?

Ich war zwar nie ein Gameboy-Kind und durfte auch keine Zeichentrickserien auf SuperRTL anschauen, weil meine Eltern fanden, sowas sei viel zu hektisch für Kinderaugen, aber dennoch oder vielleicht gerade deshalb ist meine Faszination für Virtuelles besonders hoch. Als ich zum ersten Mal eine Reality Brille auf meinem Kopf habe, schlägt mein Puls gleich etwas höher. Um ehrlich zu sein, bin ich auch ein wenig überfordert mit so einem Ding. Ich brauche ein paar Versuche, bevor sie macht, was ich will. Ein bisschen Gewicht bringt die HoloLens auch noch mit. So heißt die Mixed Reality Brille von Microsoft. Aber wie sollte so eine abgefahrene Brille auch leicht sein, wo sie doch quasi ein ganzer Computer ist. Immerhin wiegt sie viel weniger als mein Laptop zu Hause, denke ich mir und frage mich, ob sie auch genauso viel kann. Dem bin ich in der Telekom Design Gallery nachgegangen. Denn dort testet die Deutsche Telekom bereits ein Einsatzszenario für die HoloLens.

Wie von Zauberhand

Die HoloLens ist keine reine Augmented oder Virtual Reality Brille. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern wie der Google Glass sind in ihr die Vorteile von VR (Virtual Reality) und AR (Augmented Reality) vereint. So hat Microsoft den Namen Mixed Reality Brille kreiert. Mittels verschiedener Sensoren erfasst sie ihre Umgebung dreidimensional. Jeder Raum wird automatisch vermessen und zum interaktiven Showroom, in dem sich digitale Inhalte anschauen, anpassen oder vorführen lassen. Das Verrückte daran: Die Umwelt bleibt sichtbar. Ich sehe das Regal, die Wand, den Stuhl, die ich auch ohne Brille sehe, die wirklich da sind, und darin integriert das virtuelle Objekt, wenn ich durch die Brille schaue. Dabei funktioniert die HoloLens ganz ohne Bildschirm, Maus oder Tastatur. Den Curser steuere ich über meinen Blick und es sind meine Finger, die die Befehle übernehmen. Wichtig dabei: Mein Arm muss immer in meinem Blickfeld sein, sonst erkennt die Brille meine Gesten nicht. Zum Start öffne ich das Menü, indem ich meinen Arm mit der Handfläche nach oben gedreht nach vorne strecke und meine Hand öffne als würde ich etwas hervorzaubern wollen. Um Apps oder Programme zu starten, schaue ich auf das gewünschte Feld, tippe mit meinem Zeigefinger darauf und simsalabim: plopp, auf!

Ich starte ein Programm namens „Essential Anatomy“ – Grundlagen der Anatomie. Vor meinen Augen formt sich ein menschlicher Körper und ich bekomme weitere Informationen und Instruktionen von Cortana aufs Ohr. Cortana ist die iPhone Siri der HoloLens. Sprechen kann sie nämlich auch. Mit dem virtuellen Körper vor meinen Augen kann ich jetzt das Modell näher betrachten, mir Knochenbau, Gefäße und Organe aus der Nähe anschauen und erklären lassen. Ich kann es drehen und wenden und mich durch die Funktionen klicken oder besser gesagt schnipsen. So langsam bekomme ich ein Gefühl für die Bedienung, meine anfängliche Skepsis weicht und es fängt an, mir richtig Spaß zu machen.

Potentiale nutzen

Für diese Vielzahl an Anwendungsszenarien wird ein stabiles, besonders leistungsstarkes Netz benötigt. Damit Programme so funktionieren wie es für den Nutzer angenehm ist, nämlich schnell, braucht es eine möglichst geringe Latenzzeit. Das ist die Reaktionszeit des Netzes. Eine schnelle Datenübertragung ist das A und O. Keiner möchte lange warten, bis die Brille macht, was man möchte. Als ich die HoloLens bei meinem Test nach einer Pause wieder aufsetze, schweift mein Blick durch den Raum und bleibt an eben diesem animierten Körper hängen, den ich eine halbe Stunde zuvor genau dort positioniert hatte. Wenn wir virtuelle Objekte realitätsgetreu vor uns in den Raum projizieren können, welch ungeahnte Möglichkeiten mag dies bergen? Ich denke da zunächst an Architekten und Designer, die ihren Kunden das Haus, das Auto schon zeigen können, bevor es überhaupt gebaut ist. Eine ganz neue Form der Produktionsplanung und der Möglichkeit, frühzeitig Feedback des Kunden einzuholen. Was am Ende bedeutet, dass Aufträge noch stärker an Bedürfnisse angepasst werden können und zwar bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Die Telekom nutzt dieses Potential für sich und testet mit der HoloLens bereits einen Prototypen, der im Industriesegment zum Einsatz kommen könnte. Ein Supporttechniker von Maschinen könnte beispielsweise komplexe Reparaturen und Wartungsaufgaben virtuell durchführen und dabei Maschinenführer oder Personal vor Ort instruieren, obwohl er vielleicht Kilometer entfernt sitzt. Durchaus vorstellbar ist auch der Einsatz der HoloLens im Kundenservice. Auch der Kunde zu Hause, der vielleicht Hilfe bei der Einrichtung seines Routers benötigt, kann vom Servicemitarbeiter angeleitet werden. Eine ganz neue Form, die die Arbeit professionalisiert und deutlich vereinfachen kann. So können auch Schwachstellen, Gefahren oder Probleme schon im Voraus erkannt und minimiert, im besten Fall eliminiert werden.

Hallo Zukunft!

Objekte werden plastisch, quasi anfassbar und erlebbar. Dies eröffnet ganz neue Möglichkeiten und transformiert uns ins digitale Zeitalter. Bevor mein Test zu Ende ist und ich die HoloLens wieder von der Nase nehmen muss, darf ich noch Robotermonster abschießen, die aus ihrem Raumschiff steigen und aus den Wänden und Regalen der Telekom Design Gallery ploppen. Sowas kann sie natürlich auch, so eine Mixed Reality Brille. Mein Fazit: Sie kann auch definitiv mehr, als all das, was mir bislang bekannt war. Hallo Zukunft!

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