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André Hofmann

Glasfaserausbau mit künstlicher Intelligenz

Damit die Planung von Glasfaser-Strecken noch schneller geht, setzt die Telekom ein Auto ein, das Daten sammelt, die von einer künstlichen Intelligenz interpretiert werden.

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Das Messfahrzeug erfasst Bilder der Umgebung, die die Software auswertet.

Fortschrittlich war Bornheim schon immer. Und mit Leitungen kannte man sich dort, zwischen Köln und Bonn, bereits zur Römerzeit aus. Damals führte die Eifelwasserleitung durch Bornheim - ein Aquädukt, über den Köln (damals noch Colonia) mit Trinkwasser versorgt wurde.

Gut zwei Jahrtausende später geht es in der Stadt mit ihren heute knapp 50.000 Einwohnern wieder um Leitungen - durch die aber nicht mehr Wasser fließt, sondern Daten. Und zwar pfeilschnell! Die Deutsche Telekom baut Bornheim derzeit zur ersten Gigabit-Stadt im Rhein-Sieg-Kreis aus. Dank FTTH (Fiber to the Home) führen die Glasfaserleitungen fürs schnelle Internet künftig bis in die Häuser und Wohnungen. Und das ermöglicht Surfen mit bis zu 1.000 Megabit pro Sekunde.

Damit das funktioniert, hat die Telekom quasi eine neue Mitarbeiterin engagiert, nämlich eine Software - das KNN. Wir erklären, was hinter dem "künstlichen neuronalen Netz" steckt.

Innovative Software

Um die Telekom-Kunden in Bornheim ans Gigabit-Netz anzuschließen, müssen über 300 Kilometer neue Glasfaserkabel verlegt und 160 neue Netzverteiler aufgestellt werden. Für die Netzplaner ist das eine Mammutaufgabe. Früher hätten die Mitarbeiter für die Planungen der Trassen zahllose Baupläne wälzen, Straßen begehen, Messungen vornehmen und häufig auch Straßen oder Wege zwischenzeitlich sperren müssen.

Doch einen großen Teil dieser "Hand- und Fußarbeit" übernimmt jetzt das KNN - bei dem es sich um ein vom Fraunhofer IPM Institut neu entwickeltes System mit künstlicher Intelligenz handelt.

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Stefan Bonato, Projektleiter Deutsche Telekom

Ein Messfahrzeug mit Kameras, GPS und Laserscannern fährt dabei die Straßen im Ausbaugebiet ab und sammelt zahllose Daten über Oberflächenbeschaffenheit, Bebauung und Umgebung. Telekom-Projektleiter Stefan Bonato erklärt, um was es geht: "In Bornheim haben wir erstmalig unsere automatisierte Planung angewendet. Wir identifizieren die unterschiedlichen Oberflächenstrukturen mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz. Anhand dieser Informationen ermitteln wir dann unsere potenziellen Trassen, also unsere Wege, wo wir die Kabel verlegen können."

Das KNN erstellt also die Strukturplanung - die anschließend von den Telekom-Mitarbeitern optimiert und qualitätsgesichert wird, und die dann in das Genehmigungsverfahren bei der Kommune geht.

Was das KNN so gut macht

So exakt wie die Messungen des KNN kann kein Straßen- oder Bauplan sein. Das System erstellt ein genaues 3D-Modell von Straße und Umgebung. Die Technik erkennt zum Beispiel, ob sich auf einer Trasse Asphalt oder teure Pflasterflächen befinden. Lässt sich für die Verlegung der Glasfaserkabel vielleicht ein Grünstreifen nutzen, der die Tiefbauarbeiten deutlich einfacher macht? Wo befinden sich Gullys, Risse in der Straße, Laternen, Bordsteine, Schutzwände oder Bäume, die in die Straße ragen? All diese Daten und Informationen fließen in die Berechnung möglicher Trassenverläufe ein. "Das funktioniert so gut, dass wir sogar zwischen Laubbäumen und Nadelbäumen unterscheiden können, was für uns im Tiefbau eben auch relevant ist", verrät Projektleiter Stefan Bonato.

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Messtechnik am Fahrzeug

Rund 300 Kilometer war das Messfahrzeug in Bornheim unterwegs. Und allein die aufgenommenen Bilder ergeben eine Datenmenge von mehr als einem Terabyte. Aus den Fotos, aus Millionen von Laser-Messpunkten und aus zahllosen weiteren Daten der Sensoren hat die künstliche Intelligenz in Bornheim 333.000 potenzielle Trassenabschnitte berechnet - aus denen in der Feinplanung der Telekom dann das exakte Netzdesign, die genaue Trassenführung wird.

Was das KNN für die Arbeit der Telekom bedeutet

Telekom-Experte Bonato erklärt, wie sehr die neue Technik die Arbeit der Netzplaner erleichtert: "Die künstliche Intelligenz nimmt uns einen Großteil unserer Routinearbeit ab, die die Mitarbeiter bisher hatten." Dabei ist das KNN zwar schlau - aber noch längst nicht so schlau, dass sie die menschlichen Telekom-Kollegen überflüssig macht.

"Ganz ohne den Menschen wird es nicht funktionieren", weiß Stefan Bonato, "das ist eine Erkenntnis, die wir auch schon im Vorfeld hatten". Aber: Die Netzplaner der Telekom können sich so auf die Detailplanung konzentrieren, auf die anspruchsvollen Arbeiten, bei denen "unkünstliche", natürliche, menschliche Intelligenz immer noch unschlagbar ist.

Das KNN Ist keine Konkurrenz für den Menschen

Noch hat das KNN durchaus Macken, die zeigen: Auch so eine künstliche Intelligenz ist quasi "nur ein Mensch". Projektleiter Bonato erklärt, woran es bisweilen noch hapert: "Der Einsatz ist stark witterungsabhängig. Das heißt, wir brauchen gewisse Lichtverhältnisse. Das macht die Wintermonate nur eingeschränkt möglich für die Befahrung. Und wir brauchen idealerweise trockene Verhältnisse. Aber Bornheim hat gezeigt, dass dieser Prozess funktioniert - auch wenn er noch nicht perfekt funktioniert. Das hätte bei unserem ersten Versuch aber auch alle überrascht."

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Das Ergebnis: Der Plan für die Verlegung.

Die Aussichten für den umfangreichen FTTH-Ausbau, den die Telekom bundesweit plant, sind dennoch vielversprechend, so Stefan Bonato: "Wir können guten Gewissens Prognosen abgeben, dass wir dank der künstlichen Intelligenz um ein Vielfaches schneller werden, als wir es heute sind - und dass wir dadurch mit der gleichen Anzahl an Menschen ein Vielfaches von dem planen können, was bisher möglich war." Bis Anfang 2020 soll das System allen Niederlassungen der Telekom in Deutschland zur Verfügung stehen. Und im Laufe der nächsten Monate soll das künstliche neuronale Netz immer weiter dazulernen und noch detailliertere Planungen erstellen können.

Die alten Römer allerdings wären schon jetzt fasziniert davon, was diese zukunftsweisende Technik alles leistet. Wenn sie ihre Aquädukte und Straßen schon damals mit Hilfe des künstlichen neuronalen Netzes hätten planen können - dann hätte ihr Weltreich vielleicht noch ein paar Jahrhunderte länger bestanden.

Mehr Infos zum KNN im Video:

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André Hofmann

Andre Hofmann, von 2008 bis 2020 Pressesprecher bei der Deutschen Telekom.

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