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Markus Jodl

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Glasfasern in der Telekommunikation: Geschichte, Entstehung, Möglichkeiten

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Glasfaserrollen

Alle wollen sie und die Telekom verlegt sie täglich: die Glasfaser. Aber was ist das eigentlich genau und weshalb schicken wir Daten darüber? Die Geschichte der Glasfaser.

Die Glasfasertechnik spielt beim Netzausbau eine entscheidende Rolle. Sehen wir uns dieses unscheinbare Technikwunder doch einmal genauer an.

Wann und warum wurde die Glasfaser entwickelt?

Bereits Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde klar, dass die bisher genutzte Kupferdraht-Infrastruktur auf Dauer nicht ausreichend Bandbreite für den in der Zukunft erwarteten Anstieg des Datenverkehrs bieten würde.

Darum wandten sich damals Mitarbeiter der britischen Post an die Firma Corning, einen amerikanischen Hersteller von Spezialglas- und Keramikprodukten. Gemeinsam wollte man erstmals reine Glasfasern entwickeln.

Über vier Jahre lang haben die Corning-Wissenschaftler Robert Maurer, Peter Schultz und Donald Keck verschiedene Glasmischungen getestet, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden waren. 1970 haben sie dann die erste verlustarme optische Glasfaser vorgestellt.

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Dr. Robert Maurer, Dr. Peter Schultz und Dr. Donald Keck

Dämpfung: Die Herausforderung bei der Glasfaser

Maurer, Schultz und Keck hatten vor allem mit dem Problem zu kämpfen, dass am Ende einer Faser weniger Licht ankommt, als eingespeist wird. „Dämpfung“ nennt man dieses Problem heute. Die Dämpfung ist der Lichtverlust, der in jeder Glasfaser auftritt. Bei einer Dämpfung von 20 Dezibel kommt nur noch ein Hundertstel der eingespeisten Energie beim Empfänger an.

Die von Corning entwickelte Glasfaser hatte eine Dämpfung von 17 Dezibel pro Kilometer (dB/km). Diese anfangs noch vergleichsweise hohe Dämpfung konnte durch verbesserte Produktionsverfahren kontinuierlich gesenkt werden. Heute beträgt sie in der Regel 0,17 dB/km, also nur noch ein Hundertstel des Wertes, den Maurer, Schultz und Keck 1970 erreichten. Auf Langstrecken werden heutzutage außerdem in regelmäßigen Abständen Zwischenverstärker eingesetzt, die die eingespeisten Signale wieder verstärken.

Durch diese technischen Verbesserungen konnten die maximal möglichen Datenraten auch über längere Strecken hinweg immer weiter gesteigert werden. So ist es etwa AT&T, NEC und Corning vor ein paar Jahren gelungen, über ein 580 Kilometer langes Glasfaserkabel eine Datenübertragungsrate von insgesamt 32 Terabit pro Sekunde (PDF) zu erreichen. Umgerechnet auf etwas leichter zu verstehende Zahlen entspricht das mehr als 800 DVDs pro Sekunde, die gleichzeitig übertragen werden können.

Die dabei verwendeten Kabel enthalten aber nicht nur eine einzige Glasfaser. Das von AT&T, NEC und Corning verwendete Kabel bestand aus 320 einzelnen Fasern, die jeweils 114 Gigabit pro Sekunde übertragen konnten. Forscher haben diese Werte seitdem noch weiter gesteigert.

Woraus besteht Glasfaser genau?

Moderne Glasfasern bestehen aus drei Komponenten, dem Kern, dem Mantel und dem Außenmantel.

Der Kern wird aus hochreinem Glas hergestellt, das die zu übertragenden Informationen mittels der eingespeisten Lichtwellen transportiert.

Um den Kern wird ein Mantel angebracht, der durch seinen niedrigeren Brechungsindex verhindert, dass das Licht austritt. Der Außenmantel besteht aus Kunststoff, der das Glas etwa vor Bruch schützt.

Die Außenmäntel werden zudem meist eingefärbt, um sie leichter unterscheiden zu können. Mittels einer sogenannten Verseilung wird das fertige Kabel beweglich gehalten, sodass es bis zu einem gewissen Grad auch gebogen werden kann.

Die Glasfaser selbst ist dabei ähnlich dünn wie ein menschliches Haar. Die Dicke des Glasfaserkerns bei Single-Mode-Glasfasern von Corning beträgt nur 8 Mikrometer, bei Multi-Mode-Glasfasern sind es 50 Mikrometer. Unabhängig von der Dicke der Glasfaser hat der sie umgebende Mantel einen Durchmesser von 125 Mikrometern. Die Schutzhülle hat einen Durchmesser von 245 Mikrometern.

Ein typisches Glasfaserkabel, wie es die Deutsche Telekom häufig verwendet, besteht aus 192 Fasern und hat insgesamt einen Durchmesser von 20,1 Millimetern. Neuere MiniXtend oder auch einfach nur Minikabel enthalten 96 Fasern und haben einen Durchmesser von 6,5 Millimetern. Sie werden zunehmend genutzt. In anderen Ländern werden noch dickere Glasfaserkabel verwendet, die 288 oder teilweise sogar mehr als 500 Fasern enthalten.

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Wie wird Glasfaser hergestellt?

Hergestellt werden die Glasfasern in einigen zentralen Fertigungsstätten, zum Beispiel in den USA. Der dabei angewendete Prozess hat sich im Prinzip in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr stark verändert, wird aber fortlaufend optimiert. Corning setzt bis heute auf das von dem Unternehmen selbst entwickelte dreistufige OVD-Verfahren (Outside Vapour Deposition). Es besteht aus den Schritten Laydown, Consolidation und Draw.

  1. Beim Laydown (Herstellung der Pre- beziehungsweise Vorform) werden die Ausgangsmaterialien für das Glas zunächst auf einen Keramikstab aufgebracht. Das Ausgangsmaterial ist Tetrachlorsilan (SiCl4), das durch Oxidation in einer Flamme in Quarzglas (SiO2) umgewandelt wird. Die dabei verwendeten Temperaturen liegen bei über 1.200 Grad Celsius.
  2. Anschließend erfolgt die Consolidation (Sintern der Vorform). Sie besteht aus einer sogenannten Dotierung, bei der während des Abscheidungsprozesses meist der Halbleiter Germanium eingesetzt wird. Als Dotierung bezeichnet man das Einbringen von Fremdatomen in ein Material. Darauf erfolgt ein Sinter-Prozess, der das poröse Material verdichtet und Wasser entfernt. Danach wird der Trägerstab aus Keramik entfernt und das Glas weiter erhitzt, sodass es kollabiert. Aus dieser Vorform entsteht der Rohling aus hochreinem Glas, aus dem später die eigentliche Glasfaser gezogen wird.
  3. Der Rohling wird beim dritten Schritt, Draw (Faserzug beziehungsweise Ziehen der Vorform zur Faser) genannt, senkrecht in einen der riesigen Schmelzöfen gehängt. Sie sind so hoch wie ein mehrstöckiges Gebäude. Nach dem Aufhängen bildet sich ein Tropfen heißen Glases, der durch die Schwerkraft nach unten zu einem dünnen Faden gezogen wird. Bei diesem Schritt wird auf die gezogene Glasfaser bereits eine erste Schutzschicht aufgebracht.

Die hauchdünnen Fasern werden geprüft und in Längen von zum Beispiel 10, 30 oder 60 Kilometern auf relativ kleinen Spulen (sie sind kleiner als 50 x 50 x 50 Zentimeter) in die regionalen Kabelwerke transportiert.

Erst dort werden sie dann in weiteren Fertigungsschritten zu den eigentlichen Glasfaserkabeln weiterverarbeitet. Unter anderem werden die Fasern dabei in verschiedenen Farben eingefärbt. So lassen sie sich später leichter voneinander unterscheiden. Zudem werden sie in Gruppen von häufig zwölf Fasern locker in die "Tubes" (Adern) gelegt.

Diese Bauweise sorgt dafür, dass die Fasern auch bei unterschiedlichen Temperaturen nicht „gestresst“ werden. Außerdem reduziert sich dadurch die gegenseitige Beeinträchtigung bei der Übertragung von Daten.

Die Adern werden im nächsten Arbeitsschritt um ein Zentralelement im SZ-Verfahren verseilt (SZ-Stranding). So bleiben die Kabel beweglich und flexibel. Zuletzt wird der Kabelmantel über den sogenannten Verseilverband aufgebracht und das Kabel auf eine Trommel gewickelt. Dabei werden alle Fasern im Kabel in der Qualitätskontrolle erneut durchgemessen, geprüft und die Übertragungseigenschaften der Fasern dokumentiert. In Europa betreibt Corning zwei dieser spezialisierten Werke.

Welche Entwicklungen prägen die Zukunft der Glasfaser?

Normalerweise sind Glasfasern ein vergleichsweise sprödes Material, das leicht brechen kann, wenn man es nicht vorsichtig behandelt. Mit dem maximalen Biegeradius wird beispielsweise beschrieben, wie stark man ein Glasfaserkabel biegen kann, bevor es Schaden nimmt.

Für Weitverkehrsverbindungen werden relativ starre Kabel verwendet. Sie werden auf große Kabeltrommeln mit rund zwei Meter Durchmesser aufgerollt, wie sie immer wieder an Straßenrändern zu sehen sind. Die Trommeln enthalten Glasfaserkabel, die teilweise bis zu sechs Kilometer lang sind. Von den örtlichen Verlegeteams werden sie dann zum Beispiel in unter der Erde verlegte Rohre mit Luftdruck mechanisch eingeblasen oder "eingeschossen".

Für das Fibre to the Home, abgekürzt FTTH, bei dem Glasfaserkabel bis in Eigenheime und Mehrfamilienhäuser verlegt werden, um Endanwender sowie Geschäftskunden direkt zu versorgen, werden aber biegsamere Kabel benötigt, die nicht so schnell brechen. Corning hat zu diesem Zweck das sogenannte ClearCurve-ZBL-Kabel (ZBL steht für Zero Bend Loss) entwickelt, das sich ähnlich flexibel wie Kupferkabel behandeln lässt.

Kritisch für diesen Prozess war auch hier das Biegeverhalten der Faser. ClearCurve hat laut Corning einen Makrobiegeradius von nur noch 5 Millimetern und ist zudem kompatibel mit existierenden TK-Netzen.

Kommunizieren in Lichtgeschwindigkeit

Glasfasern haben unser Leben verändert. In Weitverkehrsnetzen und zur Anbindung von vielen Unternehmen sind sie bereits jetzt unverzichtbar. In den kommenden Jahren werden Glasfasern auch bis in viele Wohnungen und Privathäuser gelangen und dort für bislang nicht für möglich gehaltene Internet-Geschwindigkeiten sorgen.

Ihre Herstellung ist dabei ein äußerst aufwändiger Prozess, der laufend weiterentwickelt und verbessert wird. Corning hat dafür nicht nur einen Emmy erhalten, sondern es sogar auf den dritten Platz der Forbes-Liste der weltweit wichtigsten Netzwerk- und TK-Hersteller geschafft.

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