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Markus Jodl

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Schüsselfertig: Richtfunk für Helgoland

Helgoland, Deutschlands einzige Hochseeinsel, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die knapp zwei Quadratkilometer Land mitten in der Nordsee gehörten mal zu Dänemark, mal zu England. Seit 1890 ist Helgoland Teil des deutschen Staatsgebietes. Kein Punkt der Bundesrepublik ist weiter vom Festland entfernt. 48,5 Kilometer sind es von der Ostküste der Hauptinsel zur Westküste Schleswig-Holsteins bei Sankt Peter-Ording. Und mit der großen Entfernung zwischen Insel und Festland kommt die Deutsche Telekom ins Spiel. Denn auch sie hat hier gerade einen Rekord aufgestellt.

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Der Richtfunkturm auf dem Oberland der Insel und Cuxhaven.

Zwischen dem Richtfunkturm auf dem Oberland der Insel und Cuxhaven hat die Telekom jetzt ihre längste und modernste Richtfunkstrecke errichtet. Sie ist 64 Kilometer lang und kann Daten mit einer Geschwindigkeit von bis zu einem Gigabit pro Sekunde übertragen. Das entspricht in etwa dem aktuellen 5G-Höchsttempo. Wir verraten, wie das mit dem Funk funktioniert – und wie die Daten dabei geradezu über die Nordsee fliegen.

Skylink: Der Funk für sicheren Flugverkehr

Rund 1.300 Menschen leben dauerhaft auf Helgoland. Und wenn kein Corona ist, kommen jährlich gut 400.000 Gäste auf die Insel. Für sie ist die superschnelle Richtfunkanbindung namens „Skylink“ allerdings gar nicht gedacht. Denn Helgoland ist per Seekabel bereits sehr gut ans Glasfasernetz angeschlossen. Der „himmlisch gute“ Richtfunk transportiert vielmehr extrem wichtige Daten der Deutschen Flugsicherung (DFS) für den gesamten norddeutschen Luftraum im Radius von rund 200 Kilometern. Dabei geht es vor allem um den Sprechfunkkontakt zwischen Piloten und Fluglotsen.

Die Übertragung dieser Kommunikation funktioniert zwar grundsätzlich per Kabel zwischen Helgoland und dem Festland. Wenn diese Verbindung allerdings aus irgendwelchen Gründen ausfällt, übernimmt automatisch und völlig nahtlos Skylink. Denn der Funkkontakt im Flugverkehr muss aus Sicherheitsgründen absolut unterbrechungsfrei funktionieren. Und die Umschaltung zwischen Kabel und Richtfunk klappt im Bedarfsfall so schnell, dass es die Flugsicherung als Telekom-Kunde praktisch gar nicht bemerkt.

Zwei Antennen auf dem Richtfunkturm

Um Helgoland per Richtfunk mit Cuxhaven zu verbinden, hat die Telekom jetzt zwei mächtige Antennen auf dem 113 Meter hohen Funkturm aus dem Jahr 2000 installiert, der auch als „Sender Helgoland“ bekannt ist. Teamleiter Kevin Baier vom Telekom-Partnerunternehmen Innofactory erklärt, warum es eine ganz besondere Herausforderung ist, die beiden jeweils 1,80 Meter großen Antennen auf den Stahlgitterturm zu hieven und in gut 80 Metern Höhe zu montieren: „Hier auf Helgoland ist das Besondere erst mal der Aufbau-Ort. Wir haben keine Fahrzeuge, mit denen wir mal eben in den Baumarkt fahren können, um Ersatzteile oder Kleinigkeiten zu holen. Wir mussten vorab ganz penibel packen, damit wir auch wirklich alles hier vor Ort haben.“

Zweite Besonderheit ist die enorme Länge der Verbindung von 64 Kilometern. „Das ist für Richtfunk schon gigantisch. Das ist Männer-Richtfunk“, schmunzelt Teamleiter Baier. Die Telekom hat zwar auch schon Richtfunkstrecken von 100 Kilometern und mehr gebaut. Aber auch 64 Kilometer übers Meer sind eine so enorme Distanz, dass die Gezeiten und die Erdkrümmung hier bereits zu Reflexionen führen, die das Signal stören können, weiß Experte Kevin Baier: „Wenn Ebbe oder Flut im Anmarsch sind, verändert sich die komplette Reflexionslage, und das Signal sieht hinterher ganz anders aus.“ Deshalb sind an beiden Gegenstellen auch jeweils zwei Antennen-Schüsseln in genau definierten Abständen installiert. Denn aus ihren Daten kann das System je nach aktueller Reflexion immer exakt ein störungsfreies Signal errechnen.

Hoch mit den Schüsseln!

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Her mit den Schüsseln! Diese werden auf dem Boden zusammengebaut, bevor sie auch 80 Meter Höhe gehievt werden.

Die enorme Höhe der Installation sowie Wind und wechselhaftes Wetter mitten in der Nordsee machen das Montieren der Schüsseln für das fünfköpfige Team von Innofactory nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Zweieinhalb Tonnen Stahl müssen an Seilen auf 80 Meter Höhe gehievt werden. Kevin Baier erklärt den ersten Schritt: „Wir müssen zunächst die Richtfunkschüsseln hier am Boden zusammenbauen, weil wir oben auf dem Mast keinen Platz haben.“ Später machen sich die Kletterer auf den Weg – alles andere als ein ungefährlicher Job, so der Teamleiter: „Wir sind alle in Höhenrettung geschult, damit man sich, wenn irgendwo was passiert, gegenseitig retten kann.“

Auf Helgoland geht alles gut. Nach mehrstündiger Arbeit hängen die beiden Schüsseln an ihren genauen Montagepositionen auf dem Turm – und zwar so fest, dass sie auch der stärkste Nordseesturm nicht zum von den Technikern gefürchteten Flattern bringt. Die exakte Position ist für die störungsfreie Verbindung nach Cuxhaven entscheidend. Denn im Gegensatz zum Mobilfunk, der in alle Richtungen abstrahlt, um seine Nutzer zu versorgen, ist Richtfunk stark gebündelt (Fachdeutsch: gerichtet) und verbindet punktgenau Sende- und Empfangsantennen. Deshalb genügt zwischen Helgoland und Cuxhaven auch eine überschaubare Sendeleistung von vier Watt, um einen schnellen und jederzeit stabilen Datenverkehr für die Flugsicherung zu ermöglichen.

Ausrichten und Testen

Die exakte Ausrichtung der Antennen, die für Richtfunk direkten Sichtkontakt brauchen (zumindest mit Adleraugen), erfolgt dann mit jeweils einem Techniker an der Sende- und an der Empfangsstelle. Teamleiter Kevin Baier hat sich deshalb auf den Weg zum gewaltigen, 230 Meter hohen Friedrich-Clemens-Gerke-Turm gemacht, der Gegenstelle in Cuxhaven. Von hier aus richtet er das keulenförmige Funksignal per telefonischem Kontakt mit dem Kollegen auf Helgoland ein.
 
Die Prozedur ist so sensibel, dass für diese Feinabstimmung bis zu zwei Tage veranschlagt sind. „64 Kilometer Link-Länge, da ist es eine Bärenaufgabe, mit den Richtfunkschüsseln den Weg zueinander zu finden“, erklärt Baier. In Zahlen ausgedrückt sieht das so aus: „Die Antennen haben einen Öffnungswinkel von zweieinhalb Grad. Man hat auf einer Link-Länge von 64 Kilometern ein Fenster von nur 400 Metern. Das ist die Nadel im Heuhaufen, die wir suchen.“

Doch zwischen Helgoland und Cuxhaven ist die Nadel in der Nordsee relativ schnell gefunden. Schon nach einem guten halben Tag können sich die Antennen gegenseitig „sehen“. Cindy Russmann, Leiterin der Skylink-Messtechnik bei der Telekom, ist dann noch dafür zuständig, dass die Richtfunkverbindung dauerhaft exakt und stabil funktioniert: „Meine Aufgabe ist es, mit dem Projektteam gemeinsam die Messtechnik zu verantworten, also das gesamte Langzeitmessungskonzept.“

Sie und ihre Kolleg*Innen wachen darüber, dass die Datenleitung von der Insel aufs Festland jederzeit einsatzbereit ist – sehr zur Beruhigung der Flugreisenden von Norddeutschland Richtung Großbritannien oder USA und zurück, die fast alle über Deutschlands nördlichste Funkstelle auf Helgoland sicher an ihr Ziel dirigiert werden. Der Skylink, den die Telekom quasi „schüsselfertig“ für die Deutsche Flugsicherung aufgebaut hat, ist dabei ein ganz entscheidender Faktor.


Das ganze Video gibt es hier zu sehen:

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Skylink: Himmlisch guter Richtfunk für Helgoland

Zwischen Helgoland und Cuxhaven wird die bisher schnellste und modernste Richtfunkstrecke aufgebaut - dank Skylink. Wir verraten, wie Skylink funktioniert, und erklären, was es mit dem himmlisch guten Richtfunk für Helgoland auf sich hat.

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