Archiv

Archiv

Blog.Telekom

Luisa Vollmar

0 Kommentare

Fake News? Nicht gleich beim Untergang des Abendlandes einsteigen!

170203_Netzgeschichte Digitalpolitik


Schneidet bei der Bundestagwahl im September die Partei am besten ab, die sich am geschicktesten in den sozialen Medien bewegt oder gar Analysemodelle à la Cambridge Analytica einsetzt? 

Nach dem Wahlkampf in den USA diskutieren wir auch in Deutschland nicht ganz emotionslos über den Einfluss der Digitalisierung auf die politische Kommunikation. Botschaften, ob wahr oder unwahr, können ungefiltert, automatisiert und zielgerichtet in die breite Masse gestreut werden. Und weiter verbreitet. Und so Meinungen bilden. Doch wird der Bundestagwahlkampf so digital wie in den USA? Wir wollten wissen, ob Bots, Big Data und Fake-News mitbestimmen werden, wer für die kommenden vier Jahre die Regierung stellt. Oder ob die Situation in Deutschland aufgrund von Datenschutzgesetzen und Zurückhaltung der Parteien eine ganz andere ist. Daher haben wir Experten in unsere telegraphen_lounge zur Digitalpolitik 2017 gebeten, die sich dem Thema von unterschiedlichen Seiten nähern. Dr. Stefan Hennewig kümmert sich bei der CDU ums Marketing. Dabei beschäftigen ihn insbesondere digitale Kampagnen und Community-Angebote für die politische Kommunikation. Christian Meier ist Medienredakteur bei Welt N24. Er schreibt viel über Medien und deren Wandel durch das Internet. Klas Roggenkamp hat die Runde komplett gemacht. Er ist Senior Director Digital bei Burson Marsteller und berät Parteien zu deren Online Strategie. Roggenkamp ist zudem Gründer von „wahl.de

Blick aufs Podium der telegraphen_lounge zu Digitalpolitik 2017

Wir sollten beim Thema Fake News nicht gleich „beim Untergang des Abendlandes einsteigen“, legte Dr. Stefan Hennewig zu Beginn der Diskussion den Besuchern nahe. Auch Christian Meier näherte sich dem Thema unaufgeregt. Medienvertreter müssten zwar erst einmal herausfinden, wie sie mit dem Phänomen Fake News umgehen sollten. Doch überfordert seien sie damit nicht. Medien mussten laut Meier schon immer prüfen, worüber sie berichten. Daran habe sich nichts geändert. Allerdings seien nun neue Kanäle hinzu gekommen und das Tempo habe zugenommen. Die Medien hätten vor allem Verantwortung im Wahlkampf: „Wir müssen nicht alles drucken, was Donald Trump sagt und tut“, so Christian Meier.

Mehrfach zur Sprache kam zudem, dass Fake News per se nichts Neues seien. Falschmeldungen habe es schon immer gegeben.  So verwies ein Teilnehmer aus dem Publikum auf Mathias Döpfners Gespräch mit dem Burda-CEO Paul-Bernhard Kallen, in dem er sagte: „Seit es Journalismus gibt, gibt es Fake News.“ Doch die Entwicklung nehme jetzt Fahrt auf, merkte unsere Stimme aus dem Publikum an.

Auch das Phänomen der Social Bots ist laut Klas Roggenkamp im Grunde nicht neu. Automatisierte Kommunikation habe es schon zuvor gegeben, beispielsweise in Form von Newslettern.  „Natürlich ist automatisierte Kommunikation durch Bots nicht per se schlecht", sagte Roggenkamp außerdem. „Die Technik bietet auch viele Chancen - man muss nicht überall Angst schüren.“ Nach Ansicht von Stefan Hennewig wird es allerdings zum Problem, „wenn der Social Bot die Fake News verbreitet“.

Ein Weg, die Erkennung von Social Bots zu vereinfachen, sei deren Kennzeichnung, meinte jemand aus dem Publikum. Das wäre nach Meinung der Experten allerdings schwierig. Der Bundestag könne über Social Bots beschließen, was er wolle. Russische Bots interessiere das relativ wenig. Zudem liege die Verantwortung bei den Betreibern der Social-Media-Plattformen. Und damit sei dann eine Regulierung von Facebook oder Twitter erforderlich. Nach Ansicht von Hennewig spricht jedoch einiges für deren Regulierung: „Gerade bei Plattformen, die Geld verdienen wollen.“ Roggenkamp hält eine Kennzeichnungspflicht für Bots jedoch nicht für realisierbar. Eine Klarnamenpflicht werde gegen Hassreden nicht helfen. Was allerdings helfe, sei die konsequente Vermittlung von Medienkompetenz. „Die Gesellschaft muss wissen, wie sie mit Fake News umgehen muss“, davon ist Roggenkamp überzeugt. Sonst bleibe das Problem ein Katz-und-Maus-Spiel.

Nach Ansicht der Experten werden die Parteien nicht tief in die digitale Trickkiste greifen. Von gezielt platzierten Fake News profitiere keine Partei. „Viele durchschauen Propaganda im Netz“, sagte Meier. Das falle negativ auf. "Fake News  sind ein Problem für Parteien, nicht von Parteien“, merkte Hennewig dazu an. Die Aufgabe der Parteien für die Bundestagswahl sei es nun, in den direkten Dialog zu treten und Wissen einzusammeln, so Roggenkamp.

Es wird ein spannendes Wahljahr werden, in dem die Digitalisierung die politische Kommunikation sicher stärker beeinflussen wird, als sie es ohnehin schon tut. Politiker und Parteien werden die sozialen Medien nutzen. Fraglich ist aber, ob dies in einem Ausmaß geschieht, das sich mit dem Wahlkampf in den USA vergleichen lässt. Tenor der Diskussion war, nicht in Panik zu geraten, aber  Botschaften und Nachrichten sehr bewusst zu konsumieren.

In den Netzgeschichte beschäftigen wir uns ebenfalls mit dem Thema Fake News. Die Experten der telegraphen_lounge werden darin auch zu Wort kommen.  

Wer die gesamte Diskussion anschauen möchte, kann dies im aufgezeichneten Livestream.


170130_Stream tlounge Digitalpolitik 2017


FAQ