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Nicole Schmidt

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Schule Digital: Tafel getadelt, Smartboard geadelt

Goethe & Schiller, die Photosynthese und die unvermeidliche Kurvendiskussion: Der Schulstoff hat sich in den letzten Jahrzehnten nur wenig geändert. Die Möglichkeiten, Lerninhalte zu vermitteln dagegen schon. In Zeiten von WhatsApp-Gruppen und Lernplattformen ist Frontalunterricht mit Tafelbild unter Schülern in etwa so beliebt wie Handyverbot oder ein Mobilfunkloch. Kann der von der Politik beschlossene Digitalpakt für Schulen mit den vereinbarten fünf Mrd. Euro ausreichend Schub für die dringend nötige Digitalisierung der Bildung leisten? Darüber haben wir in unserer jüngsten telegraphen_lounge mit tatkräftiger Experten-Unterstützung diskutiert.

Moderator Volker Wieprecht (@Wiebprecht) begrüßte als Gäste auf dem Podium Doris Hellmuth, Schulleiterin des John-Lennon-Gymnasiums Berlin, Oliver Kaczmarek, bildungspolitischer Sprecher der SPD und Nils Weichert, Vorstand Forum Bildung Digitalisierung.

Doris Hellmuth gab gleich mal die Richtung vor, in die es finanziell gehen wird. „Wir geben 20.000 Euro im Jahr für digitale Infrastruktur aus. Wir gehen davon aus, dass wir diese Summe auch in den folgenden Jahren für neue Geräte und neue Software ausgeben müssen.“ Ihr Praxisbericht zeigte auch, dass die Herausforderungen der digitalen Bildung wesentlich tiefer ansetzen – zum Beispiel beim Denkmalschutz. So ist ihr John-Lennon-Gymnasium zwar eine „Smarte Schule“. Aber eben auch ein über 100 Jahre altes Schulgebäude, das neue Stromleitungen für die technischen Geräte braucht und jede Menge Zusatz-Router, um die WLAN-Signale durch die dicken alten Mauern zu bekommen.

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Auf die Kosten verwies auch Lars Weichert. Nach Berechnungen des Forums Bildung Digitalisierung hat Deutschland im Bildungsbereich einen jährlichen Bedarf von 2,8 Milliarden Euro – ohne die Kosten für Breitbandanschlüsse und Lehrerqualifizierung. „Nach dem DigitalPakt ist vor dem Digitalpakt“, lautete daher seine Einschätzung. Ihm war auch ein weiterer Punkt wichtig. „Die schwerpunktmäßige Verankerung der Digitalisierung fehlt in der Lehrerausbildung. Das muss sich künftig ändern.“

„Die versprochenen fünf Milliarden Euro müssen kommen und das erste Geld ist auch schon da“, sagte Oliver Kaczmarek, der den DigitalPakt auf politischer Seite begleitet hat. Ihn treibt um, dass Schüler in Deutschland im internationalen Vergleich Kompetenzrückstände im Umgang mit digitalen Medien haben. „Wenn ich in Schulen gehe, die verstärkt digital ausgerichtet sind, erlebe ich, dass die Schüler dort eng zusammenarbeiten. Das hilft ihnen im späteren Arbeitsleben und davon profitiert auch unsere Gesellschaft.“

Mit dem Publikum heiß diskutiert wurde die Frage, was die Digitalisierung mit den Schülern und Schülerinnen macht, Stichwort „always on“. Das 24x7-Fieber ist für Schüler und Lehrer gleichermaßen eine Herausforderung. Doris Hellmuth berichtete von Kindern, die sich nicht trauten, abends ins Bett zu gehen – aus Sorge, dass über die Online-Plattform noch eine Hausaufgabe kommen könnte. Mit gemeinsam erarbeiteten Regeln kann hier Klarheit geschaffen werden, für Kinder, Lehrer und Eltern.

Wer zur telegraphen_lounge entschuldigt gefehlt hat, kann den Stoff per Livestream nacharbeiten. Und auch unsere Netzgeschichten bieten in einer ihrer nächsten Ausgaben die Chance zum „Nachsitzen“.

Über die telegraphen_
Die Digitalisierung verändert die Welt und damit auch die Deutsche Telekom. Wirtschaft, Gesellschaft und Politik sehen sich komplett neuen Fragen gegenüber und die Antworten darauf müssen erst noch gefunden werden. Bei den telegraphen_ wollen wir mit allen Beteiligten über diese Veränderungen on- und offline diskutieren und hören, wie andere damit umgehen. Wir sehen uns dabei als freie Meinungsplattform und laden alle Interessierten zum Mitgestalten ein.

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