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Hubertus Kischkewitz

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Atomuhren - so bleibt die Telekom im Takt

Wie schafft es die Telekom eigentlich, dass alle Systeme und Leistungsabrechnungen haargenau aufeinander abgestimmt sind? Dafür sorgt die hauseigene Telekom-Zeit, die per Atomuhr gemessen wird. Das klingt spektakulär und ist technisch enorm aufwändig. Und deshalb ist es an der Zeit, das Geheimnis der Telekom-Atomuhr zu lüften – und zum Kern der Wahrheit vorzudringen.

Warum braucht die Telekom eine eigene Zeitversorgung?

Im Telekom-Netz arbeiten Millionen von Komponenten zusammen, die sich alle quasi auf die gleiche Zeit „einigen“ müssen. René Baas, Projektleiter der Deutschen Telekom für Timing & Synchronization in Bremen, nennt ein Beispiel, das in Home-Office-Zeiten hochaktuell ist: „Stell dir vor, du machst mit Freunden oder Bekannten einen Videochat. In diesem Szenario brauchst du entsprechend viel Bandbreite im Up- und Download. Das erfordert eine zeitliche Koordinierung, einerseits zwischen den Endgeräten, aber auch mit unserem Netz“ zum Beispiel, wenn Mobilfunktechnik verwendet wird. 

Ein anderes Beispiel sind Abrechnungen für Telefongespräche oder Datentarife, die teilweise noch zeitbasiert bezahlt werden. Hier erwarten die Telekom-Kunden zurecht, dass ihr Verbrauch nicht „Pi mal Daumen“ gemessen wird – sondern absolut exakt. Dafür, so René Baas, „müssen die dahinterliegenden IT-Systeme, aber auch die Netzwerkkomponenten, hochgenau synchronisiert sein“.

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René Baas, Projektleiter der Deutschen Telekom für Timing & Synchronization.

Wie synchronisiert die Telekom ihre Netze?

„Da gibt es ganz unterschiedliche Taktgeber in unseren Netzen“, erklärt Timing-Experte René Baas. In vielen Netzwerkkomponenten sind Quarz- oder Rubidium-Oszillatoren eingebaut, die über ein eigenes Synchronisationsnetz exakt eingestellt werden und die dann die korrekte Taktung zur Verfügung stellen. Die Technik, bei der ein so genannter Schwingquarz seine Frequenz sehr exakt hält, ist aus Quarzuhren oder auch aus Computern seit Jahrzehnten bekannt und bestens bewährt.

Noch wesentlich genauer arbeiten aber Atomuhren, die auf Basis der Weltzeit im Backbone des Telekom-Netzes die Grundfrequenz für die Synchronisationsdienste bereitstellen. Bei ihnen liegt die Abweichung üblicherweise bei einer Sekunde in einer Million Jahre. Es gibt aber auch Atomuhren, bei denen es bis zu dieser einen Sekunde Abweichung 140 Milliarden Jahre dauert. Atomuhren sind derzeit die genauesten Uhren der Welt und werden deshalb auch primäre Uhren genannt.

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Der Quarz-Oszillator ist häufig als Bestandteil in vielen Netzwerkkomponenten zu finden.

Was sind eigentlich Atomuhren?

Der Name klingt zunächst einmal beinahe gespenstisch, nach einer Art Kernkraftwerk am Handgelenk. Doch mit Atomkraft und Stromerzeugung haben solche Uhren nichts zu tun.

Im Prinzip funktionieren sie sogar wie jede andere Uhr – nämlich anhand eines Taktgebers, der eine Grundfrequenz erzeugt und dann an ein Zählwerk weitergibt. Allerdings dient hier kein altmodisches Pendel oder ein Quarz als Taktgeber. Stattdessen kommen Atompendel auf Basis des Caesium-133 Isotops, ein sehr reines und in der Erdkruste vorkommendes Metall, zum Einsatz. Sie werden in einem hochkomplexen Verfahren, für dessen Grundlagen der US-Physiker Isidor Isaac Rabi 1944 den Nobelpreis erhielt, zunächst in einem Ofen bei rund 50 Grad Celsius verdampft. Die Caesium-Atome ändern in mehreren weiteren Schritten mit Hilfe eines Magnets und unter Mikrowellenbestrahlung ihren Zustand. Und nach exakt 9.192.631.770 dieser Schwingungen, also nach über 9 Milliarden Schwingungen, ist eine Sekunde vergangen.

Exakter lässt sich Zeit mit keiner anderen Methode messen. Deshalb hat das Internationale Büro für Maß und Gewicht (BIPM) diese „Atomzeit“ als weltweit verbindlich festgelegt: „Die Sekunde ist das 9.192.631.770-fache der Periodendauer der dem Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133Cs entsprechenden Resonanzfrequenz“, so René Baas.

Unzählige Funkuhren in ganz Deutschland, von der Bahnhofsuhr bis zur Armbanduhr, verlassen sich auf das per Langwelle ausgestrahlte Signal der Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, und stellen sich danach ein.

Wie funktionieren die Atomuhren der Telekom?

Im Sync-Labor der Telekom in Bremen, sowie in den Betriebsstellen Frankfurt und Berlin stehen Atomuhren recht unauffällig in einem Technikschrank – und sehen auf dem ersten Blick aus wie ganz normale Server. Timing-Experte René Baas erklärt: „Diese grauen Geräte sind unsere eigenen Takt-Generatoren auf Basis eines Atom-Pendels.“

Interessanterweise verfügen solche Atomuhren über kein eigenes Uhrwerk. Sie wissen von selbst also nicht, ob es gerade 6 Uhr, 12 Uhr oder 18 Uhr ist. „Die Uhrzeiten, die man hier sieht, haben wir manuell eingegeben“, schildert René Baas. „Denn letzten Endes haben diese Atomuhren kein Verständnis von der Zeit.“ Man muss sie also einmal auf die exakte Weltzeit einstellen, was mit Satellitendaten von GPS und Galileo passiert. Korrekt justiert, halten sie ihre „Atomzeit“ dann aber über Millionen von Jahren praktisch ohne Abweichung.

Und sie geben die korrekte Zeit als „Master Clock“ in einem aufwändigen Abstimmungsprozess an andere Uhren im Telekom-Netz hochgenau weiter, die damit synchronisiert werden, wie z.B. das neue 5G Mobilfunknetz der Telekom. 

Sowohl die Forschung als auch die Planung und der Betrieb der Telekom eigenen Synchronisationsnetze, liegt bei Timing-Experte René Baas und seinen Teamkollegen.

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Die Uhrzeit der Takt-Generatoren läuft auf Basis eines Atom-Pendels und ist manuell einstellbar.

Warum genügen nicht GPS und Galileo für die Telekom-Zeit?

Die Satellitennetzwerke der USA und von Europa umspannen den gesamten Globus. Dabei stellen sie nicht nur genaue Positionsdaten für Navigationssysteme zur Verfügung – sondern auch die exakte Weltzeit.

Auf dem Dach der Telekom-Niederlassung in Bremen zeigt Timing-Experte Renè Baas einen Satelliten-Empfänger, der ungefähr aussieht wie ein Heizpilz und der diese Zeitdaten empfängt. Diese Satelliten-Signale verwendet auch die Telekom – vor allem dazu, ihre Uhren auf die genaue Zeit einzustellen, bevor dann die Atomuhr die Taktung übernimmt. 

Für einen Dauerbetrieb sind die Daten von GPS und Galileo aber nicht zuverlässig genug. Denn die Satelliten strahlen nur ein extrem schwaches Signal aus. „Das ist vergleichbar mit einer Glühbirne, die man in 19.300 km Entfernung sieht“, weiß René Baas. „Deshalb können sie von außen, also zum Beispiel von einem anderen Dach aus, manipuliert werden.“

Zu diesem Spoofing oder Jamming von Satelliten-Signalen kommt es weltweit jedes Jahr tausendfach, die dafür notwendige Hardware kostet nur ein paar Euro. Verantwortlich dafür sind beispielsweise Hacker, die Navigationssysteme von Fahrzeugen manipulieren – oder Fans des Spiels „Pokémon Go“, die zu faul sind, die Orte tatsächlich zu besuchen, an der sie ihre kleinen Taschenmonster einsammeln können. Mit der Atomuhr sind solche Tricks und Manipulationen nicht möglich. Sie sorgt mit absoluter Sicherheit und Genauigkeit für das richtige Taktgefühl bei der Deutschen Telekom und ihrer Kunden.

Weil Atomuhren und Synchronisation ein so hochkomplexes Thema sind, gibt es unter folgenden Links weiterführende Informationen:
 

Infos zur koordinierten Weltzeit UTC und der DTAG:

Infos zu Risiken im Synchronisationsumfeld:

Infos zu Technologien im Synchronisationsumfeld:

Mehr Informationen zum Taktgefühl der Atomuhren gibt es im Video:

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Markus Jodl

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