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Nicole Schmidt

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Klick, Wisch, Scroll und die Demokratie

Was hat das Corona-Virus mit unserer Demokratie zu tun? Eine Menge! Wie in anderen Lebensbereichen stellt auch hier die Pandemie unerbittlich die Digitalisierungsfrage. Wir haben sie in unserem Netzgeschichten TALK aufgegriffen und uns in einer virtuellen Diskussion wagemutig auf die Frage gestürzt „Wie digital darf Demokratie sein?“

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Digitalisierung kann verbinden. Aber auch spalten. Das macht gleich eingangs Michael Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer Bündnis 90/Die Grünen, klar. „Wir als Partei haben keine Schwierigkeit, in der Spitze digital zu arbeiten. Aber es ist schwer, alles vom Analogen ins Digitale zu übertragen. Da muss man aufpassen, dass Machtkonzentrationen nicht zu groß werden. Möglichst viele Leute müssen mitmachen können, damit es keine Spaltung gibt“, macht Kellner deutlich. Seine Partei wagte als Erste einen digitalen Parteitag und diese Erfahrung bestärkt Kellner darin, künftig auf mehr digitale Elemente zu setzen. „Die Partei war total hungrig nach Austausch. Und wir haben festgestellt, wir müssen nicht acht Stunden im ICE sitzen, um uns zwei Stunden zu treffen.“ Kellners Herzenswunsch sind Open-Source-Tools für die Zivilgesellschaft, um ein Zusammenarbeiten auch in Lokalpolitik und Ehrenamt zu unterstützen.

Dass die Corona-Pandemie auch die Politik beeinflusst hat, ist unstrittig. „Wir erleben gerade einen starken digitalen Integrationsschub in der politischen Arbeit. Das, was jetzt möglich wurde, werden wir nicht mehr verlieren. Das Analoge darf nicht ganz hinten runterfallen, aber wir haben jetzt mehr Optionen“, findet Prof. Jeanette Hofmann, die am Wissenschaftszentrum Berlin die Forschungsgruppe Politik der Digitalisierung leitet. Generell beobachtet sie eine Verschiebung im Verständnis der Demokratie. „Den jungen Menschen ist es wichtig, eine Sichtbarkeit und eine Stimme zu haben. Diejenigen, die sich politisch engagieren, greifen dies auch digital auf.“ 

Für Philipp Sälhoff, Geschäftsführer des Politisches Beratungsnetzwerks polisphere, ist eines ganz klar. „Digitale Politik ist raus aus der Nische. Das ist jetzt eine Notwendigkeit geworden.“ Trotzdem bleibt er Realist. „Politik ist ein soziales Phänomen. Deswegen ist es eine Illusion, den jahrhundertalten politischen Betrieb ohne Verluste ins Digitale zu transformieren“, schätzt Sälhoff ein. Halten wir also fest: Unsere Abgeordneten werden uns auch künftig noch im Bierzelt treffen wollen und nicht nur auf Instagram. Und dennoch – digitale Plattformen sind ein wichtiger Ort für den Wahlkampf. „Politisch aktive Menschen brauchen auch im Digitalen authentische und wirksame politische Darstellungen. Digitale Plattformen sind etablierte Orte für den Wahlkampf. Digitales Campaigning gehört heute dazu, aber es muss rechtssicher erfolgen.“

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Aber nun zu des Pudels Kern. Wie lassen sich in Pandemie-Zeiten die vorgeschriebenen Präsenzveranstaltungen zur Vor- und Aufstellung von Kandidaten zur Bundestagswahl umsetzen? Und wie realistisch sind Online-Wahlen? In Bezug auf eVoting gibt es eine große Einigkeit im virtuellen Diskussionsraum. „Elektronische Wahlen sind ein Zielkonflikt“, findet Jeanette Hofmann. „Entweder sind sie anonym, dann sind aber Fälschungen nicht nachvollziehbar. Wenn aber Fälschungen nachvollziehbar sind, sind die Wahlen nicht anonym.“ Auch für Philipp Sälhoff sind digitale Wahlen zum heutigen Stand nicht vorstellbar. Das sieht Michael Kellner ebenso. „Es gibt Grenzen und das sind digitale Wahlen. Man kann sehr gut Kandidaten digital vorstellen und digital diskutieren. Aber der Wahlakt selbst ist im Moment digital schlecht vorstellbar.“ Sein Wunsch ist Rechtssicherheit in dieser nicht einfachen Frage. Denn ihn treibt um, was geschieht, wenn bei regionalen Lockdowns nach Corona-Ausbrüchen lokale Kandidaten aufgestellt oder gewählt werden müssen? Auch wenn wir die Antwort auf diese kniffelige Frage schuldig bleiben – unser Netzgeschichten TALK hat sich eine Stunde lang unterhaltsam ins Thema gebohrt. Wer es verpasst haben sollte oder nochmal in Ruhe nachhören möchte, kann auf unseren Archivstream zurückgreifen. Für alle Zeitknappen folgen unsere Netzgeschichten auf YouTube mit den wichtigsten Statements unserer Gäste.

Virtueller Talk in Corona-Zeiten (v.r. im Uhrzeigersinn): Dörthe Eickelberg, Jan Zinal, Ronja Kemmer und Jacob Chammon.

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Andreas Kadelke

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Netzgeschichten TALK: Gutes Lernen findet nicht nur vor dem Bildschirm statt

Bericht von der Netzgeschichten TALK Premiere mit Ronja Kemmer MdB, Jacob Chammon und Jan Zinal.

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