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Andreas Kadelke

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Netzgeschichten TALK: Gutes Lernen findet nicht nur vor dem Bildschirm statt

In bester Lehrerinnen-Manier hakte Moderatorin Dörthe Eickelberg zu Beginn der Stunde die Anwesenheitsliste ab. Doch da war nicht viel abzuhaken. Denn die Teilnehmer unseres ersten Netzgeschichten TALK (Thema: „Digitalisierung macht Schule“) waren nicht persönlich in unsere Hauptstadtrepräsentanz gekommen. Sie waren digital zugeschaltet – talken in Corona-Zeiten… Der Qualität der Diskussion hat es jedenfalls nicht geschadet. Ronja Kemmer MdB (u.a. Mitglied im Bildungsausschuss), Jacob Chammon (Forum Bildung Digitalisierung) und Jan Zinal (Bundesschülerkonferenz) lieferten interessante Antworten auf die Frage: „Folgt auf Homeschooling mit Videokonferenz wieder die analoge Kreidezeit?“

netzgeschichten-digitale-schule

Die Schulschließungen infolge der Pandemie seien nicht mit gutem digitalem Unterricht zu vergleichen, sagte Jacob Chammon. Die Krise habe gezeigt, dass die deutschen Schulen noch nicht so digital seien wie es wünschenswert wäre. Eine Erkenntnis aus der Krise ist seiner Ansicht nach aber auch, dass die Beziehung zwischen Lehrkräften und Schülern in der Schule wichtig sind. Der Kontakt nur via Bildschirm sei schwierig. Es sei noch ein langer Weg, die digitalen Inhalte nachhaltig in den Schulen zu verankern. Aber gutes Lernen bedeute eben auch nicht, dass man rund um die Uhr vor einem Bildschirm sitzt.

Jan Zinal, selber derzeit Abiturient in Baden-Württemberg, stützte diese Einschätzung. Der soziale Kontakt habe ihm in den vergangenen Wochen gefehlt. In seinem Fall sei die technische Anbindung gut und unkompliziert gewesen. Das sei aber sicher nicht überall der Fall. Wichtig sei aber, dass die Lehrer entsprechend ausgestattet seien, so Zinal. Er verwies auf eine neue Studie (noch vor Beginn der Pandemie durchgeführt), nach der neun von zehn Lehrkräften private Geräte nutzen.  

Virtueller Talk in Corona-Zeiten (v.r. im Uhrzeigersinn): Dörthe Eickelberg, Jan Zinal, Ronja Kemmer und Jacob Chammon.

Virtueller Talk in Corona-Zeiten (v.r. im Uhrzeigersinn): Dörthe Eickelberg, Jan Zinal, Ronja Kemmer und Jacob Chammon.


Im vorigen Jahr haben Bund und Ländern den mit fünf Milliarden Euro ausgestatteten Digitalpakt Schule verabschiedet. Hat dieses Programm die Digitalisierung bereits nach vorne gebracht? Hier müsse viel gleichzeitig angepackt werden, so Ronja Kemmer. Sie verwies auf große Unterschiede zwischen den Ländern und den einzelnen Schularten. Breitbandausbau, WLAN-Anbindung, pädagogische Konzepte, Weiterbildung – alles müsse parallel laufen. Es sei bereits viel angestoßen. Doch: „An vielen Stellen sind wir noch nicht da, wo wir sollen“, so Ronja Kemmer.

Lehrer müssen laut Jacob Chammon der Ausbildung auf die Digitalisierung vorbereitet werden. Aber damit nicht genug: Auch ständige Weiterbildung sei wichtig. Dies sei ein langer Prozess. 

Unterschiedliche Regelungen in den verschiedenen Bundesländern erschweren nach Beobachtung der Experten schnellere Fortschritte bei der Digitalisierung. Beispiel Datenschutz: Ein Schulleiter sollte sich nach Ansicht Jacob Chammons keine Gedanken über den Datenschutz machen müssen. Er solle sich auf Pädagogik konzentrieren. Das sieht auch Ronja Kemmer so. „Datenschutz muss übergeordnet geregelt werden.“ Wenn ein Ausrüster beispielsweise in Schleswig-Holstein datenschutzkonform anbieten könne, dann solle das auch in anderen Bundesländern gelten.

Für die Zeit nach der Krise plädierte Ronja Kemmer für mehr interdisziplinäres und projektorientiertes Lernen. Dazu müsse man aber auch feststellen, was wichtig bleibe und auf was man vielleicht künftig verzichten könne. 

Jacob Chammon verwies auf eine Umfrage des Schulbarometers, wonach 67 Prozent der Lehrer ihre Schüler nach der Krise zu mehr selbständigem Lernen erziehen wollen. Und die Umfrage „Schule zu Hause“ der Telekom Stiftung habe ergeben, dass die befragten Schülerinnen und Schüler das Online-Lernen durchaus positiv sehen.

Die sind nur einige Aspekte einer spannenden Diskussion. Allen, die sich für das Thema Bildung interessieren, lege ich den Archivstream ans Herz. Das ist eine Stunde geballtes Expertenwissen in einem kurzweiligen Talk. Und die Netzgeschichten auf YouTube werden sich ebenfalls mit dem Thema befassen und die wichtigsten Aussagen unserer Experten zusammenfassen.

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